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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 46 (15. November)
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Ja.hrg. V, Nr. 46 vom 15. November 1931

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WELTKUNST

(Fortsetzung der Vorberichte von S. 3)
bad (Abbildung Seite 3) und „Fischer
im Kahn“ dar; leßtere ist im Passepartout mit
einem Albumblatt vereinigt. Daneben sind zu
nennen Goethes Originalmanuskripi der Ein-
leitung zu Carlyles Schiller-Biographie, das.
eigenhändige Gedicht „Der Rattenfänger" und
eine Reihe wichtiger Briefe. Unter den
Goethe-Porträts ist von besonderem Werf
das Brustbild mit eigenhändiger Widmung an
die Schauspielerin Amalie Wolff. Aus dem
Material des „Goethe-Kreises“ nennen wir
unter vielen interessanten Dingen ein eigen-
händiges Gedicht Brentanos, Bürgers Manu-
skript „Die Geschwister von Goethe“, einen
Brief mit Federzeichnung von Chodowiecki,
einen außerordentlicii aufschlußreichen Brief
Friedrichs des Großen, ein eigenhändiges
Schriftstück Herders mit kritischen Noten und
Verbesserungen zu dem Gedicht „Das
18. Jahrhundert“ von Gerning, eine größere
Sammlung interessantester Briefe E. T. A.
Hoffmanns, einen der seltenen Briefe Hölder-
lins, mehrere Schriftstücke Schillers und ein
Musikmanuskript Schuberts von 1816. Kaum
einer der geläufigen Namen der Zeit fehlt in
dieser ausgezeichneten Sammlung, deren Be-
deutung hier nur kurz angedeutet werden
konnte.
Sammlungen
Passavant, Noll,
Wilbrand
Frankfurt a. M., Vorb. 1.—3. Dez.
Hugo Helbing versteigert am 1. De-
zember in Frankfurt am Main den Nachlaß der
Frau Geheimrat Emma von Passavant-
G o n t a r d. Der Nachlaß umfaßt die Bilder,
das Kunsfgewerbe und die antiken Möbel, die
die Einrichtung des Hauses v. Passavant-
Gontard gebildet haben. Unter den alten Ge-
mälden wohl das wichtigste Bild ist ein Por-
trät von Cranach d. J., datiert 1557, früher in.
der Sammlung Rudolf Kann, Paris, das wir
auf Seite 2 abbilden. Unter den Holländern
befindet sich ein besonders gut erhaltenes
Seestück von Jan van Goyen. Wir verzeichnen
ferner Arbeiten von Simon van der Does,
Everdingen, Moucheron, Vinkeboons und
Rachel Ruysch.
Unter den Gemälden des 19. Jahrhunderts
sind die schönsten die beiden Bilder von Wil-
helm von Kobell. Reich vertreten ist die Cron-
berger Schule, unter anderem mit einer zarten
Landschaft von Scholderer. Von der Mün-
chener Schule sind Kaulbach und Lenbach mit
Porträts, von der Düsseldorfer Schule Andreas
und Oswald Achenbach mit Landschaften ver-
treten.
Am. 2. Dezember folgt die Versteigerung
des Nachlasses Johannes Noll,
Frankfurt am Main, und der Sammlung D r.
Willi Wilbrand, Darmstadt. Unter den
i Primitiven zwei aus der Literatur bekannte
I Gemälde, ein heiliger Eligius vom Meister von
1518, sowie ein in den Farben ungewöhnlich
interessantes Bild eines niederländischen
Meisters des 16. Jahrhunderts: „Christus als
Gärtner“. Wir erwähnen ferner die Tafel-
bilder von oberrheinischen und fränkischen
Malern und schließlich ein kleines Männer-
Porträt von einem Meister aus dem Kreis des
Hans Sebald Beham aus dem Jahre 1524. Von
Holländern des 17. Jahrhunderts eine Land-
: schäft von Salomon Ruysdael.
Noll war vor allem Sammler von Pla-
stiken des Mittelalters., der Renaissance
Und der Barockzeit. Als das bedeutendste
| Werk muß eine Heilige Barbara, sicherlich eine
; eigenhändige Arbeit des Ulmer Meisters Syr-
ien d. J. angesprochen werden, ferner ist hin-
^uweisen auf eine Krönung Mariä eines Nürn-
berger Meisters, die früher in der Sammlung
Licht-Wien sich befand. Die kleine, gewählte
jost asiatische Sammlung Nolls ist bekannt
Und legt den Schwerpunkt auf Besonderheiten
früher chinesischer Keramik und früher Bron-
I ?en. Unter den Möbeln der Sammlung Noll
hiachen wir aufmerksam auf die gotischen
Stücke, so einen Schrank der Zeit von 1470
bis 1490, aus dem Schloß Maßen in Tirol stam-
hiend, sowie eine gotische Truhenbank.
Am 3. Dezember kommen die Hand-
e i ch nun gen aus dem Nachlaß v. Passa-
''ant-Goniard und Landauer-Donner zum Aus-
Öebot, darunter ein Blatt von Goethe aus den
Hebziger Jahren. Besonders reizvoll sind die
mrbigen Blätter vom Richter und die Zeichnun-
gen von Philipp Veit, Retheli, Friedrich Over-
beck, ein Aquarell von Thoma u. a.
Dem reich illustrierten Katalog hat Georg
bwarzenski ein Vorwort vorangestellt.
Moderne Graphik
Hamburg, Vorb. 7.-9. Dezember
. In der Galerie Commeter werden am
<~~9. Dezember die Sammlungen Ernst
'Urnp t und Otto Stahl +, Hamburg, ver-
weigert werden. Sie umfassen moderne deut-
■c*ie, französische und englische Graphik, z. T.
b seltenen frühen. Zustands- und Probe-
bicken, ferner Handzeichnungen der be-
deutendsten modernen deutschen Meister. So
l®>en genannt graphische Arbeiten von Bar-
[?ch, Boehle, Bane, Cameron, Ensor, Seymour,
I /'den, Kollwiß, Mc. Laughlan, Legros, Leibi,
ßcbermann, Manet, Millet, Munch, Nolde,
I ennell., Thoma, Welfi und Whistler, zum Teil
seltenen frühen Zustands- und Pröbe-
le ücken. Außer bekannten Hamburger Künsf-
t| 'n sind mit Handzeichnungen und Aquarellen
Lj a‘ vertreten Paula Becker-Modersohn,
'blfs, Liebermann, Menzel und Nolde. Das


gepflegte Niveau dieser Sammlungen sichert
ihnen ein starkes Interesse.
Sammlung Dr. R. Ergas
München, Vorb. 24. Nov,
Aus der Sammlung Dr. R. Ergas-Florenz,
die, wie bereits ausführlich in Nr. 44 der
„Weltkunst“ berichtet,
am 24. November durch
Hugo H e 1 b i n g in
München versteigert
wird, bilden wir heute
das Madonnen-Relief
von Benedetto da Ma-
jano ab (Abbildung
Seite 2), nach Ansicht
Swarzenskis ein eigen¬
händiges Werk. Vom
gleichen Künstler besißt
die an ausgezeichneten
Arbeiten der Renais¬
sance reiche Samm¬
lung zwei kniende
Leuchter - Engel, die
von Otto v. Falke in
Parallele zu den Engel¬
figuren am Altar der
Fina-Kapelle in San
Gimignano gestellt wer¬
den.

Material niederländischer Meister des 16. und
17. Jahrhunderts. Bosch wird eine bedeutende
Komposition, die Versuchung des heiligen
Antonius darstellend, zugeschrieben, Lambert
Lombard ist mit einer Verkündigung., Frans
Floris mit dem schönen Gemälde „Sündenfair
vertreten. Von den Meistern des 17. Jahrhun-
derts nennen wir besonders Jordaens mit

Gemälde
alter Meister

Wien, Vorb. 19.—21.Nov.

von

von

einem charaktervollen Männerporträt, Jan
Bruegel d. Ae. mit einer Landschaft, Brouwer
mit einer Bauernszene, Metsu mit dem „Mäd-
chen mit Weinglas“, Safileven mit einer Ha-
fenansicht, Teniers mit dem Geldwechslerpaar,
ferner besonders gute Landschaften von Pie-
ter van Asch und Jan Siberechts (Abbildung
Seite 6). Eine große Zahl kleinerer Meister
werden hier mit qualitativen Arbeiten ange-
boten.

von B. G. Cuyp,
Allegorie
Fiamingo und
Arbeiten

Bücher und Autographen
London, Vorb. 23. ff., 30. ff. Nov.
Bei Sotheby & Co. gelangt am 23.-25.

Schweizer Glasscheibe. 1565
Sign. B. F. — 32 : 22 cm — Coll. L. Loewenthal, Berlin — Kat.-Nr. 166
Versteigerung — Vente — Sale: Rudolph Lepke, Berlin, 25. November 1931

Alte Gemälde
den Haag, Vorb. 8. Dez.
Die Sammlung alter Gemälde aus dem Be-
siß der Familie Paul Frenkel (Charnowiß) ge-
langt am 8. Dezember im Haag durch van
Marie & Big n eil zur Versteigerung. Sie
umfaßt ein ausgezeichnetes und interessantes

Die 411. Versteige¬
rung des Wiener
Doroth'eums bringt
besonders unter den
Gemälden einige be¬
achtenswerte Stücke, so
zwei Altarflügel eines
Kärtner Meisters um
1530, eine Altartafel
von Cerano, die sehr
interessante „Befreiung
Petri“
eine
Paolo
gute
Droochsloot, Ravesteyn,
Stoop, Molijn, Marco Ricci u. a. Bei den
modernen Meistern stößt man auf Werke von
Rudolf v. AU, Wenglein, Haider, Max usw.
Mittelalterliche Melallarbeilen, schönes Por-
zellan, Tapisserien, Möbel und Vitrinen-
objekte schließen sich an.

November der 3. Teil der Bibliothek George
Thorn-Drury zur Versteigerung, die ein
einzigartiges Ensemble von Erstausgaben der
englischen Literatur, speziell des Dramas des
17. und frühen 18. Jahrhunderts, bildet.
Die gleiche Firma versteigert am 30. No-
vember und 1. Dezember einen Teil der Bib-
liothek Thomas Hatton mit Aufographen und
Erstausgaben englischer Dichter des 19. Jahr-
hunderts. Hervorragend ist die Dickens-
Sammlung in ihrer beinahe absoluten Voll-
ständigkeit.

Die Juryfreien:
8. Reihe
Die neue Ausslellungsform der Juryfreien
hat sich aus der Nol dieser harten Zeit ent-
wickelt und bewährt. An Stelle von Aus-
stellungen, die Hunderten Künstlern Plaß
bieten, aber nur wenigen die Aufmerksam-
keil der Besucher verschaffen können, sind
Ausstellungen wie diese, in denen stets nur
durchschnittlich 10 Künstler oder Gruppen aus-
gehängt werden, eine gule Mitte zwischen der
Einzelaussfellung im Kunstsalon und den alten
Massenausstellungcn. Es ist so, als ob man
Bilder junger Künstler unverbindlich im
Atelier ansieht. Nur, daß man hier in einem
Hause in einem Dußend Ateliers herumgeht.
Die Zusammenstellung der Künstler ist frei,
aber nicht willkürlich. In der 8. Reihe kommen
mehrere Künstler aus dem Proletariat, Auto-
didakten, von Haus aus antiakademisch; frei-
lich wird es dadurch nicht auch die Kunst.
Als Hauptkünstler dieser Reihe wird
Carl Moritz Schreiner aus Düssel-
dorf herausgestellt. Ja, was wäre er für ein
blendender Künstler, wenn seine Werke so
echt wären, wie sie nachempfunden sind!
Schreiner hat sich in. vielen Formen versucht
— in denen der anderen. Seine scheinbar
fabelhaften Kaßen sind Mingkunst, seine
Pferde Tang, seine Esel Buschmannsfelsbilder,
seine Kleinkunsi-Glasiruhe ist ein wahres
Antiquiiälenkabineti. Seine Aquarelle (das
Beste! französischer Impressionismus. Un-
auffälliger, aber echter sind die beiden
Schülerinnen Artur Segals: Anneliese
Ratkowski-Braun und Sonja Falk-
S i-e i n. Jene hat viel experimentiert, aber
in ihrem Selbstbildnis eine Kabineltsleistung
von Naiurabbild erreicht. Diese ist auch ge-

tHaben Sie schon die
,,WELTKUNST'‘
abonniert ?

schulte Realistin, die Farben frisch, aber doch
nüchtern. Gute Kinderpsychologin. Georg
Junghanns zeichnet blasse, krasse Prole-
tarierkinder, die er durch Aquarellüber-
wischungen beseelt. F. Stössinger



Vesinet
Eine Idylle des 18. Jahrhunderts
In Vesinet, dem fünf Kilometer im Westen
von Paris gelegenen Vorort, hat ein Liebhaber
des 18. Jahrhunderts in einem riesigen Park
von 8500 qm ein Schlößchen im Stil des Dix-

huitieme, eine Idylle
verträumter Schäfer-
romantik, errichtet und
mit einem dem Stil-
gefühl dieses Jahrhun-
derts kongenialen Ge-
schmacke mit alten Ver-
kleidungen, Original-
möbeln Louis XV und
XVI, köstlichen Skulp-
turen, Gemälden und
Kunstgegenständen
ausgestattet. Vom Ein-
tritt in das Parktor an
ist der Besucher imBann
einer Atmosphäre, wie
sie als Nachschöpfung
unserer Zeit einzig-
artig ist. Der große
Empfangsraum glänzt
durch die wundervollen
Louis XV-
Lehnses-
sel, das
Rauchzimmer beherbergt eine
kostbare chinesische Liegestatt
und eingelassene Wandbilder
mit Schäferszenen, während im
Speisesaal die einfache Linie
des Louis XVI den ausschlag¬
gebenden Eindruck vermittelt.
Die Wandverkleidungen dieser
beiden Räume stammen aus
einem Schloß, das sich ehemals

im Besiß der leßten Prinzenerzieherin, der
Mme de Genlis, befand. Die Schlafzimmer
und das Studio des oberen Stockwerks neigen
in ihrer harmonischen Einrichtung mehr der
Strenge und Herbheit des Louis XHI-Stiles zu.
Der Park mit seinen Brunnen und Marmorsta-
tuen, mit seinen alten Bäumen und lauschigen
Winkeln ist in seiner Gestaltung typisch für
die französische Gartenkunst' des 17. Jahr-
hunderts. Und neben der Wiedererweckung
verklungener Romantik hat es der Besißer
verstanden, diesem Rahmen allen modernen
Komfort, wie Zentralheizung, Bäder, Garage
und Bedientenräume unauffällig einzugliedern.
Die Maxime des Dixhuitieme „Utile dolci“ ist
hier in vollendetster Weise verwirklicht
worden.
Uber den Verkauf dieses einzigartigen Be-
sißes, der jeßt erfolgen soll, wird im Pa-
riser Büro der „W e 1 f k u n s t“ gerne de-
taillierteste Auskunft gegeben.
 
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