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Wölfflin, Heinrich
Die klassische Kunst: eine Einführung in die italienische Renaissance — München, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.28845#0250
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III. Die neue Bildform

Von der neuen Art der Darstellung der Dinge soll in diesem letzten
Kapitel gehandelt werden. Wir meinen die Art, wie das gegebene
Objekt für das Auge als Bild zurecht gemacht wird, wobei der Begriff
„Bildform" eine Anwendung auf das ganze Gebiet der sehbaren Künste
gestattet.

Es liegt auf der Hand, dass die neuen Körper- und Bewegungs-
gefühle, wie sie soeben dargelegt worden sind, auch in der Bildgestaltung
sich geltend machen müssen, dass die Begriffe des Ruhigen, Grossen,
Gewichtigen im Bildeindruck, unabhängig von dem besonderen Stoff
der Darstellung, bestimmend hervortreten werden. Damit sind aber die
Momente der neuen Bildform nicht erschöpft; es treten andere dazu, die
aus den vorausgegangenen Bestimmungen nicht entwickelt werden können,
Momente ohne Gefühlston, Resultate der blossen vollkommeneren Aus-
bildung des Sehens. Es sind die eigentlich künstlerischen Prinzipien:
die Klärung des Sichtbaren und die Vereinfachung der Erscheinung
einerseits und dann das Verlangen nach' immer inhaltsreicheren An-
schauungskomplexen andererseits. Das Auge will mehr bekommen, weil
seine Fähigkeit des Aufnehmens bedeutend erhöht ist, zugleich aber
vereinfacht und klärt sich das Bild, insofern die Dinge augengerechter
gemacht sind. Und dazu kommt dann noch ein drittes: das Zusammen-
sehen der Teile, die Fähigkeit, das Viele in der Anschauung einheitlich
zusammenzufassen, was sich mit einer Komposition verbindet, wo jeder
Teil des Ganzen an seiner Stelle als notwendig empfunden wird.

Man kann über diese Materien nur entweder sehr ausführlich oder
sehr kurz, d. h. in blossen Überschriften reden, mit einer mittleren Breite
möchte der Leser mehr ermüdet als aufgeklärt werden. Ich habe die
kurze Darstellung gewählt, da sie allein in den Rahmen dieses Buches
passt. Wenn das Kapitel darum nur unbeträchtlich aussieht, so mag
dem Autor die Bemerkung erlaubt sein, dass es trotzdem nicht schnell
geschrieben worden ist, und dass es überhaupt bequemer sein möchte,
 
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