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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 2): Die Malerei der Renaissance — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.48520#0023
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I. ABTHEILUNG.

DIE NIEDERLÄNDISCH-DEUTSCHE MALEREI
DES 15. JAHRHUNDERTS.

V orbemerkungen.

as T5- Jahrhundert ift ein Zeitraum, welcher den Untergang Einer umfchwung
d KH Weltanfchauung und zugleich den Beginn einer anderen umfchliefst. “undertT
Die Zerfetzung und das Werden und Aufkeimen gehen unmittelbar
neben einander vor sich. Die Cultur des Mittelalters hatte auf jugendlichen
Völkern beruht, die einer Bevormundung bedurften. Den Beruf diefe auszu-
üben, hatte die Kirche erfüllt, welche ihre Sitten regelte, ihre Wildheit bän-
digte, fie in praktifchen Dingen unterwies und auf geiftigem Gebiete in dem
Mafse, das ihr gut dünkte, belehrte, die Ueberbleibfel antiker Cultur ihnen zu-
führte, in allen Dingen die höchfte Autorität beanfpruchte. Allmählich aber
war die Menfchheit herangereift und wies die einft nothwendige Bevormun-
dung nun als unerträglichen Zwang von fich ab. Wie die leitenden Mächte
und grofsen äufseren Inflitutionen des Mittelalters verloren auch feine Princi-
pien mehr und mehr an Bedeutung.
Wir bezeichnen die Periode, in welcher fich diefe Wandlungen vollzogen, Der Begriff
mit dem Namen Renaiffance, der in der franzöfifchen Form uns geläufig enal ance‘
geworden, aber auch fchon in der italienifchen Litteratur diefer Epoche nach-
weisbar ift. Den Namen auf die ganze Culturbewegung des 15. und 16. Jahr-
hunderts anzuwenden, den Begriff fo weit zu faffen, dafs wir auch diejenigen
Partien der Kunftgefchichte, denen wir uns zunächft zuwenden wollen, unter
ihm einordnen können, find wir berechtigt. Die Kunflgefchichtfchreibung ift
davon zurückgekommen, die Bezeichnung Renaiffance fo eng und fo ein-
feitig zu faffen, wie es lange gefchehen ift, nämlich als Wiedergeburt des
Alterthums. Vafari im Proemio zu feinen Biographien fpricht von der rina-
scita dell' arte, der Wiedergeburt der Kunft, nicht derjenigen des Alterthums.
Die für Gefinnung, Wiffenfchaft und Kunft fo hoch bedeutende Wiederbelebung
 
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