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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 2): Die Malerei der Renaissance — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.48520#0048
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Drittes Buch. I. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.

malerifchc Ortfchaft und landfchaftliche Ferne. Der Flügel links enthält, vor
St. Thomas und Antonius den Eremiten, den knieenden Stifter mit zwei Knaben,
der Flügel rechts, vor Margaretha und Magdalena, die Stifterin mit einem
Töchterchen. Dort ift in der Landfchaft die Reife von Maria und Jofeph
nach Bethlehem, hier, in einer Gegend mit entlaubten Bäumen, der Zug der
Könige zu fehen; ein Cavalicr ift eben abgefliegen, um nach dem Wege zu
fragen. Wie derartige Epifoden ihren Reiz haben, fo ift auch das Beiwerk,
der Holzfchuh vor Jofeph, das Strohbündel, Glas und Krug mit Blumen vorn,
von täufchender Genauigkeit. »Hugues de Gand qui tant eut les tretz nets«,


Fig. 146. Hugo van der Goes: Die Anbetung der Hirten.
S. Maria Nuova in Florenz.
der einen fo faubercn Vortrag hatte, heifst es von dem Meifter bei Lemaire.
Das auf dem Rücken liegende Chriftusknäblein ift in köftlicher Naivetät dem
Leben abgelaufcht. Am wenigften befriedigt die Darftellung jugendlicher weib-
licher Charaktere; Margaretha und Magdalena, in den Verhältniffen zu fchlank,
in der Haltung fteif und mit gothifcher Biegung, welche die Bruft verfchwin-
den läfst, den Bauch herausdrückt, fehen blöde vor fich nieder, die Engel auf
dem Mittelbilde find ftumpf und gleichgiltig, auch auf Maria ladet ein Schatten
des Bekümmerten. Frau Portinari ift im Körperbau gleichfalls mager und
bufenlos, im Ausdruck reizlos, faft bornirt, aber das kleine Mädchen hinter
ihr, die Knaben gegenüber find herzerfrifchende Bilder echten Kinderlebens,
und grofsartig wirken die männlichen Charaktere, der feingebildete, an-
 
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