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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0398
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386

Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.

Mander ift er 15 5° zu Antwerpen geboren und 1584 zu Rom geftorben ').
Ueber feinen Bildungsgang erfahren wir gar nichts. Er taucht plötzlich als
Freskomaler im Vatikan zu Rom auf und verfchwindet hier, durch einen frühen
Tod abberufen, ebenfo plötzlich, noch ehe er die ihm übertragenen Arbeiten
vollendet hatte. Im Vatikan find in verfchiedenen Sälen und Loggien Fresken
im Stile der beiden Bril erhalten; doch wufste fchon Baglione ihre Arbeiten
nicht zu unterfcheiden; und auch Taja2) macht keinen Verfuch, die Gemälde
des Matthäus’ auszufondern. Van Mander felbft hebt nur feine Landfchaften
Seine Werke mit Proceffionen in einer der oberen Galerien hervor. Heutzutage3) pflegt
Ducaie man die Landfchaften des Bril-Stiles in der Sala Ducale und in der Biblioteca
dem Matthäus zuzufchreiben, wohl ohne anderen Grund, als weil fie härter und
ftimmungslofer find, als die übrigen. Doch halten wir von den Landfchafts-
fresken der Sala Ducale, an denen man, wie es fcheint, gerade den Unterfchied
des Stiles des Matthäus von demjenigen des Paulus Bril ftudiren kann, nur
diejenigen der hinteren (d. h. der von der Sixtinifchen Capelle am weiteften
entfernten) Hälfte, z. B. die »vier Jahreszeiten« an den gewölbten Theilen der
Decke und die römifchen Ruinenlandfchaften an den Langwänden wegen ihrer
alterthümlich - phantaftifchen Conception und ihrer härteren Durchführung für
Werke des Matthäus, die meiften Landfchaften der vorderen Hälfte aber für
und in der Arbeiten des Paulus Bril. Von den acht Deckenbildern des Studienzimmers
Bibliothek .
desVaticans. der Bibliothek zeigen fechs innerhalb des überreich gegliederten Bergterrains
in grofsen Gebäuden, deren Vordermauer, um den Einblick zu geftatten, fort-
gelaffen ift, Vorgänge, welche auf die Papierfabrikation und die Herftellung von
Büchern Bezug haben. Sie find zu bunt und voll, um von einheitlicher Wirkung
zu fein.
JWh'f.G Staffeleibilder des Matthäus Bril find in keiner Weife beglaubigt. Die
der m. Briis. Landfchaften , welche im Louvre, in Braunfchweig, in Dresden feinen Namen
tragen, werden ihm ohne genügende Anhaltspunkte zugefchrieben. Völlig
geficherte Compofitionen feiner Hand kann man wohl nur in den unter feinem
Namen geftochenen Blättern kennen lernen4).
Paul Bril. In ganz anders fafsbarer Geftalt tritt Paul Bril, der jüngere der Brüder,
uns entgegen. Er war 1554 in Antwerpen geboren und ftarb am 7. October
1626 zu Rom5). In feiner Vaterftadt bei Damian Oortelman, einem fonft kaum
bekannten Künftler, gebildet, folgte er fchon in feinem zwanzigften Lebensjahre

1) Nach feiner und feines Bruders Grabfchrift in S. Maria dell’ Anima zu Rom (bei A. Ber-
tolotii. Artisti belgi ed olandesi a Roma, Firenze 1880, p. 104) wäre er jedoch 36 Jahre alt geworden.
2) Ag. Taja: Descrizione del Palazzo Apostolico. Roma I75°> P- P- 77, I3^, x93 —495, 204,
267, 414, 493, 496.
3) Z. B.: Joh. Burckhardt, Cicerone, 4. Aufl. S. 806.
4) z. B. »Topographia variarum regionum aeri incisa a Simone Frisio«. , vgl. Andre Jen, Hand-
buch I (1870), S. 532, N. 13.
5) Nach feiner Grabfchrift bei Bertoloiti a. a. O., S. 104. — Wenn fich in Bezug auf Matthäus
Bril, den die Erben Pauls kaum perfönlich gekannt haben, die Angaben v. Manders und der Grab-
fchrift in Bezug auf ihre Glaubwürdigkeit das Gleichgewicht halten, fo kann kein Zweifel daran fein,
dafs nach richtiger Methode in Bezug auf Paul, dem feine überlebende Gattin die Grabfchrift fchrieb,
diefe letztere den Vorzug vor dem Bericht v. Manders verdient, nach dem Paul Bril erft 1656
geboren wäre.
 
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