Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. B. Die Haarleiner Schule. 625
fameren Einflufs auf die fpätere Haarlemer Landfchaftsmalerei ausgeübt, als ihm
in der Regel zugeftanden wirdl).
Einen nicht zu unterfchätzenden Einflufs auf die Haarlemer Landfehafter ^■Ua®!;t van
Everdingen,
der Blüthezeit gewann auch Allaert van Euerdingen, der jüngere Bruder des
fchon oben (S. 587) erwähnten Caefar van Everdingen. Allaert van Everdingen
wuchs zunächft aus der nach Holland übergefiedelten vlämifchen Uebergangs-
landfchaftsmalerei hervor. Er wurde 1621 zu Alkmaar geboren, erlernte feine
Kunft bei Roelant Savery (oben S. 402—403) in Utrecht, dann (nach Hou-
braken) auch bei Pieter Molyn in Haarlem, wurde wahrfcheinlich fchon von
Savery, welcher die Tiroler Alpen fludirt hatte, auf die Reize der Gebirgs-
natur hingewiefen, reifte darauf, entfchloffen, feinerfeits die nordifche Berg-
natur der Kunft zu erfchliefsen, 1640 nach Norwegen, liefs fleh 1645 in Haar-
lem nieder, wo er, feine norwegifchen Studien zu Landfchaftsbildern ganz neuer
Art verarbeitend, bis 1652 anfäffig blieb, fiedelte aber um 1653 nach Amfter-
dam über, wo er 1657 Bürger wurde und 1675 ftarb. Everdingen ift durch Ku^"gife
und durch Landfehafter. Die Staffage fpielt nur eine untergeordnete Rolle auf
feinen Bildern. Er bevorzugt Darftellungen einfamer Wald- und Bergnatur.
Die mächtig fchäumenden Wafferfälle, die kahlen Felfen, die dunklen Tannen
des Nordens haben feine künftlerifche Einbildungskraft gefangen genommen. Er
ift der erfte Meiller, welcher Wafferfälle ihrer felbft wegen dargeftellt hat. Seine
Auffaffung ift fchlicht realiftifch; manchmal erfcheinen feine Bilder, da er jedes
»Componiren« im italienifchen Sinne verfchmäht, fogar hart und fteif in der
Linienführung. In der Färbung gehört er zu den »Bruniften«. Er verfchmäht Seine Bilder
frifche Localfarben, er liebt einen ernften, grau-braunen Gefammtton, wie er
freilich dem hohen Norden manchmal entfpricht. Bezeichnete und datirte
Bilder feiner Haarlemer Zeit find u. a.: von 1647 »das norwegifche Hochgebirge von i647,
mit dem Rennthier« im Braunfeh weiger Mufeum, die wilde »Felfenfchlucht mit
dem Wafferfall« in der Kopenhagener Galerie, der grofse prachtvolle »Waffer-
fall« in der Ermitage zu St. Petersburg; von 1648 die charakteriflifche »Flufs- von 1648,
landfchaft mit fchroffen Felfen und bewaldeten Hügeln« im Berliner und eine
»wilde Berglandfchaft« im Kopenhagener Mufeum; von 1649 die »Hirfchjagd von i649,
am Bergfee« in der Dresdener Galerie; von 1650 die »nordifche Abendlandfchaft von 1650,
mit dem Hammerwerk am Wafferfall« in der Münchener Pinakothek. Seltener
find bezeichnete und zugleich datirte Bilder aus der fpäteren Amfterdamer Zeit
des Meifters; doch ift als folches die 1655 gemalte nicht eben bedeutende Land- von x655,
fchaft mit der Staffage von Berchem im Amfterdamer Reichsmufeum zu nennen;
auch fah der Verfaffer einen grofsen »norwegifchen Wafferfall« von 1663 bei von 1663,
Herrn Semeonow in St. Petersburg, ein grofses Hochbild von 1670, einen von 1670,
Wafferfall zwifchen Felfen und Tannen darftellend, im Mufeum zu Rouen, ein
fchon an Ruisdael, der jetzt auf ihn zurückwirkte, erinnerndes »Waldthal mit
einem Wafferfall und einem Kirchthurm« von 1674 in der Pefler Galerie. Da von i674.
der Meifter bis in fein Alter fortfuhr, feine Jugenderinnerungen an Norwegen
künftlerifch zu verwerthen, fo ift es erklärlich, dafs diefe Bilder nicht die Frifche
der früheren haben. An nicht datirten, aber bezeichneten Bildern feiner Hand ü^Heen
fehlt es in kaum einer der feftländifchen Sammlungen; und unter ihnen befinden BiIder
1) Vgl. auch Bode in der »Bilderiefe«, Sammlung Weffelhoeft S. 38.
Gefchichte d. Malerei. III. 4*-*
fameren Einflufs auf die fpätere Haarlemer Landfchaftsmalerei ausgeübt, als ihm
in der Regel zugeftanden wirdl).
Einen nicht zu unterfchätzenden Einflufs auf die Haarlemer Landfehafter ^■Ua®!;t van
Everdingen,
der Blüthezeit gewann auch Allaert van Euerdingen, der jüngere Bruder des
fchon oben (S. 587) erwähnten Caefar van Everdingen. Allaert van Everdingen
wuchs zunächft aus der nach Holland übergefiedelten vlämifchen Uebergangs-
landfchaftsmalerei hervor. Er wurde 1621 zu Alkmaar geboren, erlernte feine
Kunft bei Roelant Savery (oben S. 402—403) in Utrecht, dann (nach Hou-
braken) auch bei Pieter Molyn in Haarlem, wurde wahrfcheinlich fchon von
Savery, welcher die Tiroler Alpen fludirt hatte, auf die Reize der Gebirgs-
natur hingewiefen, reifte darauf, entfchloffen, feinerfeits die nordifche Berg-
natur der Kunft zu erfchliefsen, 1640 nach Norwegen, liefs fleh 1645 in Haar-
lem nieder, wo er, feine norwegifchen Studien zu Landfchaftsbildern ganz neuer
Art verarbeitend, bis 1652 anfäffig blieb, fiedelte aber um 1653 nach Amfter-
dam über, wo er 1657 Bürger wurde und 1675 ftarb. Everdingen ift durch Ku^"gife
und durch Landfehafter. Die Staffage fpielt nur eine untergeordnete Rolle auf
feinen Bildern. Er bevorzugt Darftellungen einfamer Wald- und Bergnatur.
Die mächtig fchäumenden Wafferfälle, die kahlen Felfen, die dunklen Tannen
des Nordens haben feine künftlerifche Einbildungskraft gefangen genommen. Er
ift der erfte Meiller, welcher Wafferfälle ihrer felbft wegen dargeftellt hat. Seine
Auffaffung ift fchlicht realiftifch; manchmal erfcheinen feine Bilder, da er jedes
»Componiren« im italienifchen Sinne verfchmäht, fogar hart und fteif in der
Linienführung. In der Färbung gehört er zu den »Bruniften«. Er verfchmäht Seine Bilder
frifche Localfarben, er liebt einen ernften, grau-braunen Gefammtton, wie er
freilich dem hohen Norden manchmal entfpricht. Bezeichnete und datirte
Bilder feiner Haarlemer Zeit find u. a.: von 1647 »das norwegifche Hochgebirge von i647,
mit dem Rennthier« im Braunfeh weiger Mufeum, die wilde »Felfenfchlucht mit
dem Wafferfall« in der Kopenhagener Galerie, der grofse prachtvolle »Waffer-
fall« in der Ermitage zu St. Petersburg; von 1648 die charakteriflifche »Flufs- von 1648,
landfchaft mit fchroffen Felfen und bewaldeten Hügeln« im Berliner und eine
»wilde Berglandfchaft« im Kopenhagener Mufeum; von 1649 die »Hirfchjagd von i649,
am Bergfee« in der Dresdener Galerie; von 1650 die »nordifche Abendlandfchaft von 1650,
mit dem Hammerwerk am Wafferfall« in der Münchener Pinakothek. Seltener
find bezeichnete und zugleich datirte Bilder aus der fpäteren Amfterdamer Zeit
des Meifters; doch ift als folches die 1655 gemalte nicht eben bedeutende Land- von x655,
fchaft mit der Staffage von Berchem im Amfterdamer Reichsmufeum zu nennen;
auch fah der Verfaffer einen grofsen »norwegifchen Wafferfall« von 1663 bei von 1663,
Herrn Semeonow in St. Petersburg, ein grofses Hochbild von 1670, einen von 1670,
Wafferfall zwifchen Felfen und Tannen darftellend, im Mufeum zu Rouen, ein
fchon an Ruisdael, der jetzt auf ihn zurückwirkte, erinnerndes »Waldthal mit
einem Wafferfall und einem Kirchthurm« von 1674 in der Pefler Galerie. Da von i674.
der Meifter bis in fein Alter fortfuhr, feine Jugenderinnerungen an Norwegen
künftlerifch zu verwerthen, fo ift es erklärlich, dafs diefe Bilder nicht die Frifche
der früheren haben. An nicht datirten, aber bezeichneten Bildern feiner Hand ü^Heen
fehlt es in kaum einer der feftländifchen Sammlungen; und unter ihnen befinden BiIder
1) Vgl. auch Bode in der »Bilderiefe«, Sammlung Weffelhoeft S. 38.
Gefchichte d. Malerei. III. 4*-*