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Wundram, Manfred; Wundram, Manfred [Hrsg.]; Lochner, Stephan [Ill.]
Stefan Lochner - Madonna im Rosenhag — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 106: Stuttgart: Philipp Reclam jun., 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.62837#0010
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in der Krone der Himmelskönigin. Die Tugend der
Bescheidenheit symbolisieren ähnlich wie die Erdbeere -
und aus den gleichen Gründen wie jene - auch die Veil-
chen, die Lochner über den Rasenteppich seines Bildes
verstreut hat.
Nicht zufällig aber sind es Rosen, die die Blüten-
pracht des Gartens beherrschen. Schon die Kirchenväter
hatten die Rose mit Maria verglichen, dem hohen und
späten Mittelalter galt sie als das Mariensymbol schlecht-
hin. Und zwar deuten die roten Blüten auf die Leiden
voraus, während die weißen, die oben rechts und links
in der Laube erscheinen, ein Zeichen der Jungfräulich-
keit sind - ähnlich wie die Lilien, die, allgemein ein
Sinnbild der Reinheit, in Verbindung mit Maria speziell
einen Hinweis auf die unbefleckte Empfängnis bedeu-
ten. Schließlich, und nicht zuletzt, darf der ganze Rosen-
hag als ein Mariensymbol verstanden werden: Maria
ist gleichbedeutend mit der Rose im verschlossenen
Garten.
Aber auch andere Einzelheiten des Bildes verdanken
nicht ausschließlich künstlerischer Eingebung ihre Ge-
stalt, sondern zeigen Lochners tiefe Verankerung in
mittelalterlicher Gedankenwelt. Gewiß sind die Pfauen-
federn an den Flügeln des Lautenspielers zur Linken
(Abb. 2), des Engels mit dem Apfelkörbchen zur Rech-
ten (Abb. 3) ein kostbarer Schmuck, der die Farben-
pracht der Blüten, Gewänder und Edelsteine auf das
glücklichste bereichert. Zugleich aber klingt in dem Hin-
weis auf den Pfau ein Unsterblichkeitssymbol an, das
das Christentum in ungebrochener Tradition aus der
Vorstellungswelt der Antike übernahm: Im Altertum
galt das Fleisch des Pfaus als unverweslich, und sein
Schweif hatte schon in vorchristlicher Zeit die Menschen
an den gestirnten Himmel erinnert; da zudem der Pfau
seine Federn abwirft und wieder neu erhält, war er als
Sinnbild der Unsterblichkeit - in unserem Falle Christi
und der Himmelskönigin - geradezu prädestiniert.
Ganz unmittelbar tritt der symbolische Bezug auf dem
Brustschmuck (Pectorale) der Maria hervor (Abb. 9):
Von blitzenden Edelsteinen eingefaßt, ist hier die Grup-

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