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Wurzbach, Alfred von [Oth.]
Niederländisches Künstlerlexikon: mit mehr als 3000 Monogrammen (Band 2): L - Z — Amsterdam, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.18167#0488
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Rubens.

Erblande zu meiden, die Erlaubnis, sich
in Cöln niederzulassen. Im September
1582 erhielt er auch in der Tat den Be-
fehl, sich wieder nach Siegen ins Gefäng-
nis zu begeben. Dies scheint jedoch mehr
eine Pression gewesen zu sein, um noch
den Rest der Kaution (2000 Taler) her-
auszulocken. Diese wurde wirklich auf
800 Taler herabgemindert und Jan Ru-
bens erlangte dagegen am 10. Januar 1583
seine Freiheit.

Infolge eines Vertrages vom 15. Mai 1578
war Jan Rubens wieder nach Cöln zurück-
gekehrt und die ganze Familie trat in den
Schoß der katholischen Kirche über. Eine
Tatsache scheint es zu sein, daß Rubens
nicht katholisch getauft war, da es in
Siegen keine katholische Gemeinde gab
und die Familie noch im J. 1581 in Cöln
zur niederländischen reformierten Kirche
gehörte. Rubens wurde auch nicht auf
die Namen Peter und Paul getauft; er
hieß Peter und wird noch lange nachher
so, nicht Peter Paul genannt.

Jan Rubens starb als Katholik am
1. März 1587 und wurde in der St. Peters-
Kirche in Cöln begraben, nachdem er sein,
seiner Frau und seiner Kinder Vermögen,
sein und ihr Lebensglück, seine Gesundheit
und seine Ehre in der waghalsigsten, un-
verantwortlichsten Weise verspielt hatte.
Die Witwe ließ auf den Grabstein ihres
Mannes in der Peterskirche zu Cöln die
Inschrift setzen, daß sie „mit ihm in
secksundzwanzigjähriger Ehe einmütig
ohne allen Mißton gelebt habe und daß sie
zusammen 19 Jahre in Cöln gewohnt hät-
ten"; daß sie 5 Jahre zwangsweise in Sie-
gen gelebt — davon erwähnt die Grab-
schrift nichts, und die Familie verheim-
lichte geflissentlich die Tatsache, daß
Philipp und Peter Paul in Siegen geboren
wurden; es ist sehr wahrscheinlich, daß
Rubens selbst über die Geschichte seines
Vaters gar nicht unterrichtet war.

Der Rat der Stadt Cöln bescheinigte der
Witwe, daß sie „mit ihrem Manne von
1569 (1568) bis zum Tage der Urkunde,
dem 27. Juni 1587, in dieser Stadt ihren
gewöhnlichen Wohnsitz (consuetum clomi-
cilium) gehabt habe, daß sie noch daselbst
wohne und sich in allem wohlgeziemend
geführt habe" etc. Im März 1589 zog sie
von Cöln nach Antwerpen. Rubens hatte
seinen ersten Unterricht in Cöln erhalten
und sagt selbst in einem Briefe vom 25.
Juli 1637: „Ick ben seer gheaffectioneerdt
voor de Stadt Ceulen, om dat ick aldaer
ben opgevoedt tot het thienste jaer myns
levens". In Antwerpen besuchte er das
Jesuitenkollegium.

Marie Pypelinkx sagt in einem Testa-
ment, daß von der Zeit der Verheiratung
ihrer Tochter Blandina, 25. Aug. 1590,
ihre zwei Söhne Philipp und Peter Paul
außer Hause ihren Unterhalt verdienten.
Peter Paul war zuerst Page in dem Hause
einer Frau (Marguerite) von Ligne, der
Witwe eines Grafen Philipp von Lalaing.
Diese Dame ist nicht genau zu ermitteln;
eine Gräfin von Lalaing lebte 1570 in
Cöln und es ist möglich, daß Marie Pype-
linkx in den Tagen der Verbannung mit
ihr bekannt wurde; wahrscheinlicher ist
es, daß Rubens durch irgend eine Empfeh-
lung anderer Art in das Haus dieser vor-
nehmen Dame kam. Er blieb nicht lange
dort, denn sein Wunsch, Maler zu werden,
führte ihn zu einem Verwandten seiner
Mutter, dem Landschaftsmaler Tobias
Verhaecht (1561, f 1631), welcher
durch zwei Jahre sein Lehrer war. Im
Jahre 1592 kam er zu Adam van Noort
und blieb bei ihm bis zum Jahre 1596;
dann ging er zu Otto Vaenius (1558,
f 1629), bei dem er ebenfalls 4 Jahre blieb.
1598 wurde Rubens Meister der Lukas-
gilde und verweilte noch 2 Jahre in Ant-
werpen, bis es ihn drängte, nach Italien
zu gehen. Am 8. Mai 1600 wurde in Ant-
werpen sein Paß ausgefertigt, am folgen-
den Tage verließ er die Stadt und ging
direkt nach Venedig. Seine Mutter er-
wähnt in einem Testament vom Jahre 1607
verschiedene, von ihrem Sohne vor seiner
Abreise gemalte Bilder, welche aber gänz-
lich verschollen sind; wir wissen über
seine Jugendarbeiten in Antwerpen nicht
das geringste und vermuten nur, daß eine
für eine Jesuitensodalität gemalte Verkün-
digung der Maria in den k. Mus. in Wien,
ein solches vor seiner italienischen Reise
gemaltes Bild sei.

Aufenthalt in Italien. In Venedig
machte er die Bekanntschaft eines man-
tuanischen Edelmannes vom Hofe des Her-
zogs Vincente Gonzaga I., wel-
cher den Fürsten, der am 13. Juli 1600
nach Venedig kam, auf Rubens aufmerk-
sam machte. Der Herzog bestellte ihn so-
fort zu seinem Hofmaler mit 400 Dukaten
Gehalt. Er lebte nun in Mantua, wo Man-
tegna und Giulio Romano für die Gon-
zaga gearbeitet hatten, umgeben von einer
Fülle der kostbarsten Kunstwerke. Vin-
cente war ein leidenschaftlicher Kunst-
freund und Sammler, er baute Paläste,
sammelte Gemälde und Marmorwerke,
unterhielt eine berühmte Schauspieler-
truppe, schätzte Literatur, Kunst und
Wissenschaften und hatte bereits 1599 in
den Niederlanden Frans Pourbus II. (s.
II. 357) angeworben, der bis 1610 eben-
 
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