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Ahrens, Beatrix [Editor]; Seiter, Josef [Editor]
Pfarrkirche St. Blasius, Wyhl am Kaiserstuhl — Wyhl, [2008]

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https://doi.org/10.11588/diglit.25564#0023
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Das formale Pendant zum heiligen Dionysius bildet eine zweite Heiligen- und Bischofsfigur: Der heilige
NIKOLAUS (Abb. 26). Der heilige Nikolaus war Bischof von Myra in Lykien, der heutigen Türkei, und wurde
während der Christenverfolgung unter Kaiser Galerius um 3 10 gefangengenommen und gefoltert. 325 nahm
er am Konzil von Nicäa teil, wo er die Wesensgleichheit der drei göttlichen Personen verteidigte. Um 342
gestorben, wurde sein Leichnam von Myra nach Bari entführt. Aus Nikolaus1 Grabmal soll noch heute
heilsames Öl (Manna di S. Nicola) fließen. Die Wunderlegenden, die sich um den zuerst in Griechenland (6.
Jh.) dann in Russland, Italien (8. Jh.) und schließlich in Deutschland (10. Jh.) verehrten Heiligen ranken, sind
ungeheuer groß, und jede erzählt von den guten Taten des Heiligen. Der Nikolaus-Kult wurde in Deutschland
besonders durch Kaiserin Thephanu, die griechische Ehefrau Kaisers Otto II., gefördert. 980 entstand die
erste Nikolaus-Kirche in Brauweiler. Köln und Trier wurden etwas später die Hochburgen der Nikolaus-
Verehrung. Zwischen dem I I. bis zum 16. Jahrhundert war der heilige Nikolaus diesseits der Alpen Patron
von über 2.200 Kirchen. Die Legenden sind es auch, die Ansatzpunkte für das Brauchtum und die
zahlreichen Patronate des Heiligen liefern. So war der heilige Nikolaus Schutzpatron der Junggesellen auf
Brautschau, der kinderlosen Ehepaare, der Schüler, Kinder, aber auch der Seefahrer, Flößer, Kaufleute, Bäcker,
Apotheker, Tuchmacher sowie der Gaukler, Landstreicher, Diebe und Fälscher.

Wenn der heilige Nikolaus in der Wyhler Pfarrkirche drei goldene Kugeln präsentiert, so ist dies eine typische
Darstellungsart, die an die bekannte Geschichte mit den drei Goldtalern erinnert. Der Legende nach soll der
heilige Nikolaus heimlich Geld durch das Fenster einer verarmten Familie geworfen haben, um zu verhindern,
dass der Vater seine drei Töchter zur Prostitution zwingt. Dank der Goldtaler konnte der Vater seine Töchter
jungfräulich verheiraten. Zwei Punkte sind in dieser Legende interessant: der heilige Nikolaus als Verteidiger
der Dreifaltigkeit und als Patron der Kinder. Es sind dies wiederum zwei Themen, die sich auf den Hochaltar
beziehen lassen und sehr gut zu dem von Pfunner gemalten Thema des Heiligen Wandels passen. Skulptur
und Malerei ergänzen sich perfekt.

Dass hingegen die Figur des heiligen Dionysius keine wichtigen Anknüpfpunkte zum Altarbild aufweist,
erklärt sich aus der veränderten Platzierung des Heiligen im ikonographischen Programm der Kirche.
Ursprünglich war der heilige Dionysius gar nicht im Chorraum geplant gewesen. Als Nebenpatron zum
heiligen Blasius wurde ihm im Jahr I 765 der nördliche Seitenaltar geweiht.

Abb. 26: Die Skulptur des heiligen Nikolaus
(1760/65) an der südlichen Chorwand

Abb. 25: Der heilige Dionysius (1760/65)
an der nördlichen Chorwand

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