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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 10.1915

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Feldkeller, Paul: Der Anteil des Denkens am musikalischen Kunstgenuß, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3818#0170
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____DgR_ANTEIL DES DENKENS AM MUSIKALISCHEN KUNSTGENUSS. 163

Von den vielen Fassungen des Apperzeptionsbegriffes bedienen

Wlr uns bei dieser Untersuchung eines ganz bestimmten. Wir betonen

en synthetischen, vieles zusammenfassenden, mithin vereinheit-

1 chenden Charakter der Apperzeption, welche zu den gegebenen

erzeptionen ein ganz neues, das Mannigfaltige beherrschendes Moment

tonzufügt.

Dieses beherrschende Moment kann zweierlei voneinander grund-
verschiedener Art sein, nämlich einmal verstandesmäßig und ein anderes
. konkret (»gefühlsmäßig«) gefärbt. Wir unterscheiden demgemäß
.'ne verstandesmäßige und eine konkrete Apperzeption,
orzugijch jene ist in der landläufigen Terminologie als Apperzeption
ekannt und nach Kant die allgemeinste Verstandesfunktion (Kr. d. r. V.
rbach 129). Alles Denken, insofern dieses ein Verknüpfen und
R einanderbeziehen en*hält, beruht auf ihr. Durch die apperzeptive
euchtung mittels Vergleichen, Unterscheiden, Gruppieren, Isolieren,
usammenfassen usw. kommt diejenige Deutlichkeit in die Vor-
ellungen, deren fortschreitenden Werdeprozeß wir, wenn jene ge-
nnten Phasen der Verstandestätigkeit als logisch bedeutsame zu
... Wußtsein kommen, erkennendes Denken nennen. Zur Verstandes-
. 'gkeit im weiteren Sinne gehört dagegen jenes Vergleichen usw.
^er noch, auch wenn diese Prozesse nicht logisch betont sind..
'r kommen hiermit unmittelbar bereits auf die musikalischen Er-
einungen zu sprechen, da Melodien wie Harmonien solche apper-
erende Verstandestätigkeit ohne spezifisch logische Betonung er-
IOrdern.

Die verstandesmäßige Apperzeption, soweit sie noch nicht zum

gentlichen Denken geworden ist, sondern noch in jenem Stadium

r bloß als deutliche erlebten (noch nicht gedachten) Vorstellungen

arrt, bezeichnen wir als hypologische. Sie ist überdies entweder

e intuitive, wo sie eine Mannigfaltigkeit simultan perzipierter

ucke vereinheitlicht, oder eine diskursive, wo diese Eindrücke

zessiv aufeinanderfolgen, aber perseverieren und so eine Apper-

P ion ermöglichen. Jener intuitiven (also nichtsdestoweniger ver-

naesmäßigen) Apperzeption begegnen wir z. B. beim Auffassen

& ornetrisch leicht zu begreifender Figuren, ferner simultaner Töne,,

keine Akkordverschmelzung oder eine ähnliche Synthese eingehen..

en Verhältnisse zueinander aber sehr wohl als deutliche und un-

di T^j1 selbare empfunden werden. Ganz das gleiche gilt von der

ursiven Apperzeption, die sich in der Melodie vorfindet, nur daß

zu den Intervallen der Tonhöhe die der Zeit hinzukommen.

m zwei wesentlich verschiedene Arten musikalischer Phänomene

einanderzuhalten, sind die verstandesmäßige und die konkrete
 
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