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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 10.1915

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Klausen, Sverre: Das Problem der Schönheit und die Methoden der Ästhetik: Eine Studie auf Kantischer Grundlage
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https://doi.org/10.11588/diglit.3818#0254
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DAS PROBLEM DER SCHÖNHEIT UND DIE METHODEN DER ÄSTHETIK. 247

eine vorästhetische zu bezeichnen, weil seine Elemente, wenn über-
haupt, so nur in einem gewissen Zusammenhange zu intensiver ästhe-
tischer Wirkung gelangen. Noch ferner bleibt diese Untersuchung
dem Problem des Begriffs der Schönheit, dem hier nachgegangen
wird. Denn wenn es auch dem Atomisten gelänge, mit seinen
Schönheitselementen die zusammengesetzte Schönheit zu erklären, so
bliebe noch die Aufgabe bestehen, das allen zusammengesetzten Schön-
heiten Gemeinsame herauszuheben, um zum Begriff des an sich Schönen
zu gelangen.

Eine ganz andere Richtung schlägt die Psychologie ein, indem sie
nach dem Ursprung der Kunst und des ästhetischen Lebens im all-
gemeinen fragt. Diese Richtung lenkt in historische Untersuchungen
ein. Man untersucht das ästhetische Verhalten bei dem erwachsenen
Kulturmenschen, bei den Ungebildeten, den primitiven Stämmen, den
Kindern, den Tieren. Durch dieses Verfahren sucht man einen histori-
schen Entwicklungsgang des ästhetischen Lebens darzustellen. Den
ersten Ursprüngen der Kunst wie des ästhetischen Lebens überhaupt
wird in dem Triebleben nachgegangen. Von alters her hat man die
Kunst als Nachahmung erklären wollen. Dementsprechend wird jetzt
ein Nachahmungstrieb konstatiert, seine Verbindung mit dem Ursprung
der Kunst durch Beispiele aus dem Leben der primitiven Völker oder
der Kinder gezeigt. Oder man sucht das ästhetische Verhalten im
allgemeinen auf einen Spieltrieb zurückzuführen, dessen Manifestationen
dann auch historisch verfolgt werden. An diese Triebe können wie-
der andere Triebe sich anschließen, wie der Geschlechtstrieb, der
Kampftrieb usw. Die Befriedigung eines jeden Triebes ist mit Lust
verbunden. Somit wird der vornehmste Ertrag dieser Untersuchungen
für das Problem der Schönheit darin bestehen, daß sie eine Erklärung
der ästhetischen Lust zu geben versuchen. Diese Lust wird nicht
länger als etwas mit dem Objekt unmittelbar Gegebenes angesehen,
sondern es wird gezeigt, daß ihr Grund in einer Wirksamkeit des
Subjektes zu suchen ist. Das ästhetische Objekt wird von dieser
Methode wie von der folgenden ganz unberücksichtigt gelassen.

Noch liegt es der physiologischen Psychologie ob, das ästhetische
Gefühl durch seine körperlichen Begleiterscheinungen zu bestimmen.
Denn auch in den körperlichen Prozessen, die die ästhetische Lust
begleiten, kann man den Ursprung der Lust suchen. Die Lust am
Schönen beruht nach Burke auf der »Nachlassung, Losspannung und
Erschlaffung der Fibern des Körpers«. Endlich könnte man die Lust
direkt in einem Zustande der Nervensubstanz zu begründen suchen,
als deren Funktionen wir jene körperlichen Phänomene betrachten
müssen. Man hat zum mindesten die Lust im allgemeinen als eine
 
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