262 SVERRE KLAUSEN.
Es folgt nämlich hieraus, daß die Bestimmung dieses Inhalts sich »an
den Tatsachen des ästhetischen Anschauens und Schaffens« recht-
fertigen muß, und nicht durch Analyse des ästhetischen Urteils ge-
wonnen werden kann. Das Streben nach einem lückenlosen Beweis
für den ästhetischen Forderungscharakter hat Kant dazu geführt, den
ästhetischen Forderungswert von dem logischen abzuleiten, und dieses
führt ihn wieder zu seinem Formalismus, der ihn nötigte, die reine
Schönheit auf das formale, ornamentale Gebiet zu beschränken.
Die ziemlich oft erhobene Kritik der Bestimmung der Schönheit
als Form erscheint nicht berechtigt. Das Entgegengesetzte von Form
ist nicht, wie man voraussetzt, Inhalt, sondern Stoff. Die Bestim-
mung des Schönen als Form schließt nicht allen Inhalt aus dem
Schönheitsbewußtsein aus, so daß dieses etwa auf das ornamentale
Gebiet eingeschränkt bliebe. Nur ist zu bemerken, daß Schönheit
etwas an einem Gegenstand ist, weshalb ihr etwas Objektives ent-
sprechen muß, dieses aber ist die Form. Ein Inhalt muß auch im
ästhetischen Erlebnis immer1) vorhanden sein, aber dieser Inhalt ist
nichts am Objekte, sondern er wird von uns hineingelegt. Die Schön-
heit ist die objektive Bedingung des ästhetischen Erlebnisses. Die
Form ist also immer die Form eines Inhalts. Wenn der Bildhauer
einen Menschenkopf in Ton formt, so stellt er vermittelst der Form
einen Inhalt dar. Dieser Inhalt des geformten Werkes ist der dar-
gestellte Menschenkopf. Unsere Deutung der gegebenen Formen
bringt also den Inhalt hervor, den wir in sie hineinlegen. Der Stoff,
die Materie ist aber hier der Ton. Ein Inhalt gehört also zum Schönen,
aber dieser Inhalt wird nur schön durch die Form, mithin steckt das
Wesen der Schönheit in der Form. Zwischen Form und Inhalt be-
steht eine intime Relation. Eine kleine Veränderung in den Gesichts-
zügen kann den Eindruck, den der Beschauer von dem dargestellten
Kopf empfängt, total verwandeln.
In der Musik und Poesie heißt die Form Komposition, der Inhalt
ist das durch die Komposition abgegrenzte Vorstellungsgebiet. Den
Inhalt des musikalischen Kunstwerkes bilden also nicht die Töne —
diese sind nur die Materie. Der Inhalt ist in der bloßen Vorstellung
da. Auch der taube Beethoven kann komponieren, weil seine Ein-
bildungskraft die Töne vorzustellen vermag. Sie bedarf des physi-
schen Gehörs nicht mehr.
Es gehört doch ein Stoff zum Schönen. Er macht die Vorstellung
der Form deutlicher und lebhafter; aber das Wesen der Schönheit
') Das gilt sogar der ornamentalen Schönheit gegenüber. Auch hier legt matt
nämlich etwas Seelisches in die Formen hinein.
Es folgt nämlich hieraus, daß die Bestimmung dieses Inhalts sich »an
den Tatsachen des ästhetischen Anschauens und Schaffens« recht-
fertigen muß, und nicht durch Analyse des ästhetischen Urteils ge-
wonnen werden kann. Das Streben nach einem lückenlosen Beweis
für den ästhetischen Forderungscharakter hat Kant dazu geführt, den
ästhetischen Forderungswert von dem logischen abzuleiten, und dieses
führt ihn wieder zu seinem Formalismus, der ihn nötigte, die reine
Schönheit auf das formale, ornamentale Gebiet zu beschränken.
Die ziemlich oft erhobene Kritik der Bestimmung der Schönheit
als Form erscheint nicht berechtigt. Das Entgegengesetzte von Form
ist nicht, wie man voraussetzt, Inhalt, sondern Stoff. Die Bestim-
mung des Schönen als Form schließt nicht allen Inhalt aus dem
Schönheitsbewußtsein aus, so daß dieses etwa auf das ornamentale
Gebiet eingeschränkt bliebe. Nur ist zu bemerken, daß Schönheit
etwas an einem Gegenstand ist, weshalb ihr etwas Objektives ent-
sprechen muß, dieses aber ist die Form. Ein Inhalt muß auch im
ästhetischen Erlebnis immer1) vorhanden sein, aber dieser Inhalt ist
nichts am Objekte, sondern er wird von uns hineingelegt. Die Schön-
heit ist die objektive Bedingung des ästhetischen Erlebnisses. Die
Form ist also immer die Form eines Inhalts. Wenn der Bildhauer
einen Menschenkopf in Ton formt, so stellt er vermittelst der Form
einen Inhalt dar. Dieser Inhalt des geformten Werkes ist der dar-
gestellte Menschenkopf. Unsere Deutung der gegebenen Formen
bringt also den Inhalt hervor, den wir in sie hineinlegen. Der Stoff,
die Materie ist aber hier der Ton. Ein Inhalt gehört also zum Schönen,
aber dieser Inhalt wird nur schön durch die Form, mithin steckt das
Wesen der Schönheit in der Form. Zwischen Form und Inhalt be-
steht eine intime Relation. Eine kleine Veränderung in den Gesichts-
zügen kann den Eindruck, den der Beschauer von dem dargestellten
Kopf empfängt, total verwandeln.
In der Musik und Poesie heißt die Form Komposition, der Inhalt
ist das durch die Komposition abgegrenzte Vorstellungsgebiet. Den
Inhalt des musikalischen Kunstwerkes bilden also nicht die Töne —
diese sind nur die Materie. Der Inhalt ist in der bloßen Vorstellung
da. Auch der taube Beethoven kann komponieren, weil seine Ein-
bildungskraft die Töne vorzustellen vermag. Sie bedarf des physi-
schen Gehörs nicht mehr.
Es gehört doch ein Stoff zum Schönen. Er macht die Vorstellung
der Form deutlicher und lebhafter; aber das Wesen der Schönheit
') Das gilt sogar der ornamentalen Schönheit gegenüber. Auch hier legt matt
nämlich etwas Seelisches in die Formen hinein.