DIE NEUE PROBLEMLAGE IN DER ÄSTHETIK.
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Blick der ihr vorangegangenen realistischen Schönheitsepoche mit über-
nommen hat. Sie erweist durch ihre Simplifizierung nur, daß doch wie-
derum nur Typus ist, was im Verhältnis zur vorhergegangenen idealisti-
schen Kunstepoche schon letzte Individualisierung und Realität schien.
Unverkennbar sind doch z. B. die Gestalten der expressionistischen
Epoche viel herber und unallgemeiner als die Gestalten der dem Impres-
sionismus vorhergegangenen typisierenden Kunst.
Also die Entwickelungstendenz des ästhetischen Schauens ist unver-
kennbar darauf gerichtet, dem chaotischen Reichtum der Wirklichkeit
allmählich a«l 1 e Gestalten und Formen zu entreißen. Damit ist gegeben:
Schönheit kann nicht in der Sonderbestimmtheit von Gestalten und For-
men gründen. Hinfällig werden damit aber alle ästhetischen Theorien,
die ein Reich ästhetischer Werte im Sinne platonischer Ideen hyposta-
sieren und nun ein konkretes Schönheitsphänomen erklären als Realisie-
rung jener bestimmten Wertideen an einer an sich wertindifferenten oder
gar dem Wertsein als Wfiv oder Häßlichkeit im Sinne eines Formlosen
entgegenstehenden Wirklichkeit. Auch erfährt derjenige nicht
Schönheit, der sie jenseits aller Wirklichkeit in einer puren Ideenwelt
sucht, sondern Wahrheit! Künstler als die Genien ursprünglicher
Schönheitsschau finden und gestalten Schönheit in der wirklichen Welt.
Ideen sind Abstracta, Schönheit aber ist ein konkretes Phänomen kat
exochen. Und schließlich muß eine scharfsichtige Analyse des Schön-
heitsphänomens den Ton legen auf das Moment einer Dignität des Irra-
tionalen und Kompakten am schönen Gegenstand. Wie schon gesagt
wurde, widersteht die Schönheit jeder Analyse in einzelne Gestalts-
momente.
Eben damit aber sind wir schon mitten drin in ontologischen
Feststellungen. Denn auch die Wirklichkeit des konkreten Einzel-
dings zerfällt in pure Unwirklichkeiten, in reine Ideen, sobald wir das
konkrete Einzelding analysieren. Abstrahieren wir bei einem konkreten
Einzelding von seiner Farbe, Gestalt, räumlichen Ausdehnung, Schwere
etc. — kurz von allem, was an ihm als Sonderqualität isoliert heraus-
hebbar ist, dann haben wir mit der Analyse auch die sog. „Materie"
und die Wirklichkeit des Dinges weganalysiert. Die Wirklichkeit
liegt tatsächlich in der Verwachsenheit, d. i. eben Konkretion aller
Einzelbestimmtheiten — und ist nicht ein Jenseits ihrer ihnen „zugrunde
Liegendes". Und in und mit dieser Konkretion gibt sich auch Schönheit
als sichselbstbejahende Fülle des Daseins des schönen Gegenstandes zu
erkennen.
Die Analyse des Schönheitsphänomens, — wie auch jedes Wertphäno-
mens einer anderen Seinssphäre des Wirklichen, also des leiblichen
Lebens, des Seelischen und des Geistigen — ist deshalb so schwierig,
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Blick der ihr vorangegangenen realistischen Schönheitsepoche mit über-
nommen hat. Sie erweist durch ihre Simplifizierung nur, daß doch wie-
derum nur Typus ist, was im Verhältnis zur vorhergegangenen idealisti-
schen Kunstepoche schon letzte Individualisierung und Realität schien.
Unverkennbar sind doch z. B. die Gestalten der expressionistischen
Epoche viel herber und unallgemeiner als die Gestalten der dem Impres-
sionismus vorhergegangenen typisierenden Kunst.
Also die Entwickelungstendenz des ästhetischen Schauens ist unver-
kennbar darauf gerichtet, dem chaotischen Reichtum der Wirklichkeit
allmählich a«l 1 e Gestalten und Formen zu entreißen. Damit ist gegeben:
Schönheit kann nicht in der Sonderbestimmtheit von Gestalten und For-
men gründen. Hinfällig werden damit aber alle ästhetischen Theorien,
die ein Reich ästhetischer Werte im Sinne platonischer Ideen hyposta-
sieren und nun ein konkretes Schönheitsphänomen erklären als Realisie-
rung jener bestimmten Wertideen an einer an sich wertindifferenten oder
gar dem Wertsein als Wfiv oder Häßlichkeit im Sinne eines Formlosen
entgegenstehenden Wirklichkeit. Auch erfährt derjenige nicht
Schönheit, der sie jenseits aller Wirklichkeit in einer puren Ideenwelt
sucht, sondern Wahrheit! Künstler als die Genien ursprünglicher
Schönheitsschau finden und gestalten Schönheit in der wirklichen Welt.
Ideen sind Abstracta, Schönheit aber ist ein konkretes Phänomen kat
exochen. Und schließlich muß eine scharfsichtige Analyse des Schön-
heitsphänomens den Ton legen auf das Moment einer Dignität des Irra-
tionalen und Kompakten am schönen Gegenstand. Wie schon gesagt
wurde, widersteht die Schönheit jeder Analyse in einzelne Gestalts-
momente.
Eben damit aber sind wir schon mitten drin in ontologischen
Feststellungen. Denn auch die Wirklichkeit des konkreten Einzel-
dings zerfällt in pure Unwirklichkeiten, in reine Ideen, sobald wir das
konkrete Einzelding analysieren. Abstrahieren wir bei einem konkreten
Einzelding von seiner Farbe, Gestalt, räumlichen Ausdehnung, Schwere
etc. — kurz von allem, was an ihm als Sonderqualität isoliert heraus-
hebbar ist, dann haben wir mit der Analyse auch die sog. „Materie"
und die Wirklichkeit des Dinges weganalysiert. Die Wirklichkeit
liegt tatsächlich in der Verwachsenheit, d. i. eben Konkretion aller
Einzelbestimmtheiten — und ist nicht ein Jenseits ihrer ihnen „zugrunde
Liegendes". Und in und mit dieser Konkretion gibt sich auch Schönheit
als sichselbstbejahende Fülle des Daseins des schönen Gegenstandes zu
erkennen.
Die Analyse des Schönheitsphänomens, — wie auch jedes Wertphäno-
mens einer anderen Seinssphäre des Wirklichen, also des leiblichen
Lebens, des Seelischen und des Geistigen — ist deshalb so schwierig,