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Zallinger, Otto
Die Ringgaben bei der Heirat und das Zusammengeben im mittelalterlich-deutschen Recht — Wien, Leipzig: Hölder-Pichler-Tempsky, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.47039#0009
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I.

Die wesentlichen Vorgänge zur Herbeiführung des Rechts-
verhältnisses der Ehe, bei einer Heirat, wie sie als Ergebnis
einer langen, allerdings schon seit langem seststehenden Ent-
wicklung, wenigstens bei der bis in die neueste Zeit normalen
Form, der kirchlichen Eheschließung sich darstellen, sind im
einzelnen folgende. Sie zerfallen in zwei Abschnitte: Begrün-
dung des Brautstandes und des Ehestandes. Die erstere, nicht
ein rechtliches Erfordernis, aber tatsächlich zumeist eingehal-
tener Brauch, erfolgt auf Grund der Einigung des Liebes-
paares durch die offizielle Verlobung in der Familie, Werbung
(Anhalten) um die Hand der Braut und Zusage derselben
durch das Familienoberhaupt. Die eigentliche Eheschließung,
Vermählung, auch Trauung im weiteren Sinne genannt, umfaßt
folgende Akte: Konsenserklärung in der Form der Abfragung
des Jawortes durch den Priester, Ringwechsel, darauf das Zu-
sammengehen, die Kopulation oder Trauung im engeren Sinne,
schließlich Einsegnung des Bundes.
Fragen wir nun des näheren um die Geschichte, bzw.
um das Alter dieser einzelnen Elemente, so erkennt man in
jenem allgemein üblichen, einleitenden Akt der familien-
öffentlichen Verlobung auf den ersten Blick den alten
Munt vertrag, die /lesponsatio' der älteren Quellen, die
Einigung zwischen Muntwalt und Bräutigam über Geben und
Nehmen zur Ehe, in zeitgemäßer Umbildung. Und zwar läßt
sich feststellen, daß derselbe schon seit dem Ausgang des
12. Jahrhunderts wesentlich die heutige Gestalt angenommen
hat. Das Bild, das uns die großen Heldengedichte, Nibelungen-
lied und Gudrun, hievon zeigen, stimmt bereits in den Grund-
zügen genau mit demjenigen überein, das wir vor Augen haben.1
1 Vgl. meine Schrift, ,Die Eheschließung im Nibelungenlied und in
der Gudrun1, Sitzungsberichte der Wiener Akademie der Wissenschaften,
phil.-hist. Klasse, 199, S. 48, 49. Siehe auch unten S. 37.

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