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Zallinger, Otto
Die Ringgaben bei der Heirat und das Zusammengeben im mittelalterlich-deutschen Recht — Wien, Leipzig: Hölder-Pichler-Tempsky, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.47039#0061
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Die Ringgaben bei der Heirat und das Zusammengeben.

00
VI.
Ich bin mir nun wohl bewußt, daß für manche der in
den vorstehenden Ausführungen aufgestellten Behauptungen
und Annahmen die quellenmäßige Begründung eine mangelhafte
und unvollständige ist. Zweck dieser Untersuchungen ist auch
nur, Richtlinien zu weisen und Bausteine an die Hand zu geben
für eine auf breitester Grundlage aufzuführende neue Geschichte
des mittelalterlichen Ehesehließungsrechtes, die mir unbedingt
notwendig erscheint. Auch die Belege aus der poetischen
Literatur sind keineswegs erschöpfend herangezogen worden.
Ich habe mich dabei auf eine Auswahl solcher beschränkt, die
ganz unzweideutig sprechen und nicht erst selbst noch einer
kritischen Besprechung bedürfen. Ich will nun aber schließlich
noch zur Ergänzung, gewissermaßen als Generalbeweis und
Folie für manches Gesagte, eine Heiratsgeschichte vorführen,
die ein ganz vollständiges und ausgeführtes Bild der Vorgänge in
allen einzelnen Stadien bietet, und zwar aus einem Gedichte,
das gerade ungefähr 100 Jahre jünger ist als das Nibelungen-
lied: Heinrich von Freibergs Tristan.1 Es ist von höchstem
Interesse zu sehen, und für viele Punkte nach beiden Richtungen
von schlagender Beweiskraft, daß in den Grundzügen die
Gestalt und der Verlauf der rechtlichen Vorgänge hier sich
noch vollkommen decken, in ihrer wesentlichen Bedeutung
genau übereinstimmen mit den Schilderungen in den alten
Heldengedichten und daß nur eine Neuerung, ein Punkt mit
stärkster Betonung eingeschoben ist, das Zusammengehen der
Brautleute:
Tristan, in Liebe zur weißhandigen Isolde entbrannt,
vertraut sich ihrem Bruder an und erbittet seinen Beistand
(v. 326—364). Dieser verspricht, sein Anliegen dem Vater
und der Mutter vorzutragen und macht ihm auch beste HoftV
nung bezüglich Isoldens. Er bringt nun eine förmliche Wer-
bung für Tristan bei den Eltern an. Diese beschließen nach
kurzer Beratung (denn:

1 Deutsche Dichtungen des Mittelalters, V. Bd., herausgegeben von
Reinhold Bechstein.
 
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