Ueber die mittelalterliche Kunst in Böhmen und Mähren.
(-Fortsetzung; — Vergi Heft IV. S. 145.)
Dieses an den Miniaturen czechischer Abstammung nachzuweisen, folge hier eine
kurze Angabe und Charakterisirung einiger der bedeutendsten derselben, was genügend er-
scheinen wird, da Dr. Waagen sie bereits im Kunstblatt meist ausführlich beschrieben hat.*)
Czechische Miniaturen vom XI. bis zu Ende des XIV. Jahrhunderts.
Die ältesten mir bekannten Darstellungen in böhmischen Handschriften sind die in
der Legende des h. Wenzel vom Jahr 1006, welche sich in der Wolfenbüttler Biblio-
thek befindet, und wovon die Museumsbibliothek zu Prag eine neue Copie besitzt. Die darin
enthaltenen Federzeichnungen sind zwar noch sehr roh, jedoch mit einiger Lebendigkeit in
der Darstellung der Gegenstände behandelt. Für das Costüm gewähren sie ein ganz beson-
deres Interesse.
Noch eben so roh, nur dabei geistloser in byzantinischer Weise behandelt, sind die
Minialuren im Wyssehrader Codex, einem Evangeliarium, welches Herzog Sobieslaw im
■Jahr 1129 der Wyssehrader Collegiatkirche schenkte, und nachmals bei den Eidleistungen
der böhmischen Könige soll gebraucht worden sein. Man glaubt ihn aus dem XI. Jahrhun-
dert. Die zahlreichen Miniaturen in Deckfarben auf Goldgrund ausgeführt sind nur in Bezug
auf das Costüm einer besondern Beachtung werth. So sehen wir auf einem Blatt einen
König unter einer Pforte stehen, in der Hechten hält er einen Scepter, in der Linken einen
Stab mit Kreuz. Sein bis auf die Kniee gehendes Kleid ist reich besetzt, darüber trägt er
einen weissen Mantel. Die Strümpfe sind roth, die Schuhe schwarz mit Perlen besetzt.
Diesen Pergament-Codex in Folio bewahrt jetzt die Prager Universitätsbibliothek.
Sehr ausgezeichnet ist dagegen eine Mater verborum, eine Copie des Glossars,
welches auf Anordnung Salomons, Bischofs von Constanz, im Jahr 920 verfasst wurde. Die
in dem böhmischen Museum befindliche Copie schrieb 1202 der Schreiber Wacerad, welcher
wohl auch die böhmischen Glossen hinzufügte; die Miniaturen sind vom Maler Miroslaw
*) S. Deutsches Kunstblatt 1850. S. 147 u. 289.
1856. 25
(-Fortsetzung; — Vergi Heft IV. S. 145.)
Dieses an den Miniaturen czechischer Abstammung nachzuweisen, folge hier eine
kurze Angabe und Charakterisirung einiger der bedeutendsten derselben, was genügend er-
scheinen wird, da Dr. Waagen sie bereits im Kunstblatt meist ausführlich beschrieben hat.*)
Czechische Miniaturen vom XI. bis zu Ende des XIV. Jahrhunderts.
Die ältesten mir bekannten Darstellungen in böhmischen Handschriften sind die in
der Legende des h. Wenzel vom Jahr 1006, welche sich in der Wolfenbüttler Biblio-
thek befindet, und wovon die Museumsbibliothek zu Prag eine neue Copie besitzt. Die darin
enthaltenen Federzeichnungen sind zwar noch sehr roh, jedoch mit einiger Lebendigkeit in
der Darstellung der Gegenstände behandelt. Für das Costüm gewähren sie ein ganz beson-
deres Interesse.
Noch eben so roh, nur dabei geistloser in byzantinischer Weise behandelt, sind die
Minialuren im Wyssehrader Codex, einem Evangeliarium, welches Herzog Sobieslaw im
■Jahr 1129 der Wyssehrader Collegiatkirche schenkte, und nachmals bei den Eidleistungen
der böhmischen Könige soll gebraucht worden sein. Man glaubt ihn aus dem XI. Jahrhun-
dert. Die zahlreichen Miniaturen in Deckfarben auf Goldgrund ausgeführt sind nur in Bezug
auf das Costüm einer besondern Beachtung werth. So sehen wir auf einem Blatt einen
König unter einer Pforte stehen, in der Hechten hält er einen Scepter, in der Linken einen
Stab mit Kreuz. Sein bis auf die Kniee gehendes Kleid ist reich besetzt, darüber trägt er
einen weissen Mantel. Die Strümpfe sind roth, die Schuhe schwarz mit Perlen besetzt.
Diesen Pergament-Codex in Folio bewahrt jetzt die Prager Universitätsbibliothek.
Sehr ausgezeichnet ist dagegen eine Mater verborum, eine Copie des Glossars,
welches auf Anordnung Salomons, Bischofs von Constanz, im Jahr 920 verfasst wurde. Die
in dem böhmischen Museum befindliche Copie schrieb 1202 der Schreiber Wacerad, welcher
wohl auch die böhmischen Glossen hinzufügte; die Miniaturen sind vom Maler Miroslaw
*) S. Deutsches Kunstblatt 1850. S. 147 u. 289.
1856. 25