228 ARCHÄOLOGISCHE REISEBERICHTE. — MAGDEBURG. (DOM-KREUZGANG.)
romanischen Periode erkennen, welche in Deutschland, zumal im östlichen, vorzugsvveise erst
dem Anfange des XIII. Jahrhunderts angehört. Das gleichzeitige Auftreten der Gothik an
unserem Dome ist eine Ausnahme, welche nicht sogleich überall Nachfolge fand, und seihst
dort, wie wir eben sahen, aufs Vielfachste von der alteren romanischen Bauweise modificirt
wurde, die sich theilweise selbstsländig zur Geltung zu bringen wussle. Viel mehr konnte
dies bei einem so einfachen und von der Kirche völlig unabhängigen Baue, wie der Kreuz-
gang, geschehen. Viele Eigentümlichkeiten der Architektur des Kreuzganges, die Ueppig-
keit der Formen, die Häufung von Details und Profilen und besonders jene wunderlichen
Durchbrechungen und die gebrochenen Bögen, erklären sich nur bei der Annahme einer
späteren Bauzeit, als welche der Anfang des XIII. Jahrhunderts, also unmittelbar „nach dem
Brande von 1207, ganz angemessen erscheint. Wenn ausserdem die alle Annahme, dass
der frühere Dom an einer anderen, mehr nördlichen Stelle gelegen habe, bis jetzt die
wahrscheinlichere ist, so wird unsere Voraussetzung hierdurch noch mehr bestätigt.
Der nächst älteste Theil des Kreuzganges ist der nördliche, an die Kirche gelehnte
Flügel. Ueber romanisirenden Pfeilerbündeln wird er durch Kreuzgewölbe mit altgolhischen
Bippen zwischen rechteckigen Gurten eingowölbt. In den westlichen Tbeilen und an den
Aussenpfeilern treten auch alterthümliche Consolen vor, die zusammengezogenen Säulen-
stumpfen zu vergleichen sind. Etwas jünger erscheint der östliche Flügel*) in edel alt-
gothischem Style, wo die spitzbogigen Arkaden mit kleinerem Bogenwerk über Säulen aus-
gesetzt sind, die in aufsteigenden und gebrochenen Spitzbögen und Dreipässen dazwischen,
Alles aus Steinplatten geschnitten, bereits als golhisches Maasswerk anzuerkennen sind.
Strebepfeiler treten vor den Fronten der Arkadenpfeiler vor und sind mit gothischen Lilien
gekrönt. Auch die Doppelfenster des Obergeschosses mit gebrochenen Spitzbögen und Drei-
pässen, an den Seilen und in der Mitte durch Halbsäulchcn begrenzt, Alles wieder aus
Steinplatten zusammengesetzt, entspricht dieser anziehenden Zeit der ältesten Gothik. Einen
besonderen Beiz aber erhält das Aeussere hier dadurch, dass das geputzte Bruchsteinmauer-
werk des Obergeschosses noch jetzt durch eingekratzte Linien mit Ornamenten und figür-
lichen Darstellungen geschmückt ist. Ueber einem breiten Friese sieht man die Bäume
zwischen den Fenstergruppen durch einzelne Gestalten ausgefüllt. In der minieren sitzt
auf dem Throne Kaiser Otto zwischen seinen beiden Gemahlinnen, in Majuskeln mit den
Ueberschriften bezeichnet: ADELHEIDS . OTTO MAGNVS . EDIT, so dass jeder Name
in der hier gegebenen Beihenfolge über den einzelnen Figuren steht. Auf den übrigen
Zwischenfeldern siebt man zwischen Säulenstellungen unter Bundbögen die Beihen der Erz-
bischöfe, welche gleichfalls mit ihren Namen bezeichnet sind. Der letzte von ihnen ist
Ericus (Markgraf von Brandenburg, 1283—1295). Zu dessen Zeit wird jedenfalls dieses
Kunstwerk angefertigt sein, wahrscheinlicherweise auch der ganze östliche Flügel des Kreuz-
ganges. Die ganze Erscheinung jener Zeichnungen erinnert an die Sgraffilto-Arbeiten der
*) S. die Abbildung auf Tat Xlil. Fig. 18.
romanischen Periode erkennen, welche in Deutschland, zumal im östlichen, vorzugsvveise erst
dem Anfange des XIII. Jahrhunderts angehört. Das gleichzeitige Auftreten der Gothik an
unserem Dome ist eine Ausnahme, welche nicht sogleich überall Nachfolge fand, und seihst
dort, wie wir eben sahen, aufs Vielfachste von der alteren romanischen Bauweise modificirt
wurde, die sich theilweise selbstsländig zur Geltung zu bringen wussle. Viel mehr konnte
dies bei einem so einfachen und von der Kirche völlig unabhängigen Baue, wie der Kreuz-
gang, geschehen. Viele Eigentümlichkeiten der Architektur des Kreuzganges, die Ueppig-
keit der Formen, die Häufung von Details und Profilen und besonders jene wunderlichen
Durchbrechungen und die gebrochenen Bögen, erklären sich nur bei der Annahme einer
späteren Bauzeit, als welche der Anfang des XIII. Jahrhunderts, also unmittelbar „nach dem
Brande von 1207, ganz angemessen erscheint. Wenn ausserdem die alle Annahme, dass
der frühere Dom an einer anderen, mehr nördlichen Stelle gelegen habe, bis jetzt die
wahrscheinlichere ist, so wird unsere Voraussetzung hierdurch noch mehr bestätigt.
Der nächst älteste Theil des Kreuzganges ist der nördliche, an die Kirche gelehnte
Flügel. Ueber romanisirenden Pfeilerbündeln wird er durch Kreuzgewölbe mit altgolhischen
Bippen zwischen rechteckigen Gurten eingowölbt. In den westlichen Tbeilen und an den
Aussenpfeilern treten auch alterthümliche Consolen vor, die zusammengezogenen Säulen-
stumpfen zu vergleichen sind. Etwas jünger erscheint der östliche Flügel*) in edel alt-
gothischem Style, wo die spitzbogigen Arkaden mit kleinerem Bogenwerk über Säulen aus-
gesetzt sind, die in aufsteigenden und gebrochenen Spitzbögen und Dreipässen dazwischen,
Alles aus Steinplatten geschnitten, bereits als golhisches Maasswerk anzuerkennen sind.
Strebepfeiler treten vor den Fronten der Arkadenpfeiler vor und sind mit gothischen Lilien
gekrönt. Auch die Doppelfenster des Obergeschosses mit gebrochenen Spitzbögen und Drei-
pässen, an den Seilen und in der Mitte durch Halbsäulchcn begrenzt, Alles wieder aus
Steinplatten zusammengesetzt, entspricht dieser anziehenden Zeit der ältesten Gothik. Einen
besonderen Beiz aber erhält das Aeussere hier dadurch, dass das geputzte Bruchsteinmauer-
werk des Obergeschosses noch jetzt durch eingekratzte Linien mit Ornamenten und figür-
lichen Darstellungen geschmückt ist. Ueber einem breiten Friese sieht man die Bäume
zwischen den Fenstergruppen durch einzelne Gestalten ausgefüllt. In der minieren sitzt
auf dem Throne Kaiser Otto zwischen seinen beiden Gemahlinnen, in Majuskeln mit den
Ueberschriften bezeichnet: ADELHEIDS . OTTO MAGNVS . EDIT, so dass jeder Name
in der hier gegebenen Beihenfolge über den einzelnen Figuren steht. Auf den übrigen
Zwischenfeldern siebt man zwischen Säulenstellungen unter Bundbögen die Beihen der Erz-
bischöfe, welche gleichfalls mit ihren Namen bezeichnet sind. Der letzte von ihnen ist
Ericus (Markgraf von Brandenburg, 1283—1295). Zu dessen Zeit wird jedenfalls dieses
Kunstwerk angefertigt sein, wahrscheinlicherweise auch der ganze östliche Flügel des Kreuz-
ganges. Die ganze Erscheinung jener Zeichnungen erinnert an die Sgraffilto-Arbeiten der
*) S. die Abbildung auf Tat Xlil. Fig. 18.