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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Effmann, Wilhelm: Die Klosterkirche zu Boedingen
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Beissel, Stephan; Stummel, Friedrich: Die Farbengebung bei Ausmalung der Kirchen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0181
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303

1SSS.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. i).

304

tafeln aus dem Jahre 1474 und 1540; ein
schönes durch Wilhelm von Nesselrode seiner
1599 gestorbenen Gattin errichtetes Marmor-
Monument;3) Glocken von 1398, 1417, 1470,

s) Im Langschiff, in dem mittleren der drei ob-
longen Joche befindet sich ein Grabgewölbe der Fa-
milie von Nesselrode, in dem westlichsten derselben ein
solches der Familie Gevertzhain; in jedem der beiden
Seitenflügel des Querschiffes ist ein Grabkeller für be-
sondere Wohlthäter des Klosters angelegt.

1757 und endlich ein im Jahre 1621 nach einem
älteren Bilde erneuertes Oelgemälde, das Mittel-
feld desselben, auf welchem die Einweihung des
Chores dargestellt ist, zeigt vor dem Chore einen
Apostelgang (Lettner) mit Lettner-Altar. Der-
selbe scheint bis 1762 bestanden zu haben;
wenigstens wurde in diesem Jahre das Mutter-
gottesbild aus dem Lettner-Altar nach dem süd-
lichen Querschiffarm in einen aus kostbarem
Marmor errichteten Altar übertragen.

Münster. W. Effinann.

Die Farbeno-ebuns: bei Ausmalung der Kirchen.

(Fortsetzung [von

Sp. 163—170] und Schluss.)

II. Figurale Ausmalung.

Die Katakomben und die grofsartigen Mo-
saiken der alten Basiliken zeigen zur Genüge,
wie früh man begonnen hat, die Kirchen mit
bunten Bildern auszuzieren. Die Mosaiken auf
goldenem, tiefblauem odergrünemund schwarzem
Grund strahlen in unveränderter Farbenpracht
und zeugen von der Kraft der Gegensätze der
von den Alten gebrauchten Farben. Die einfachen
Malereien der Katakomben1) lieben auf einem
hellen Grund mit rother Einrahmung bräunliche
Bilder, die nach Gelb oder Roth hinschwanken,
und in denen oft Grün und Blau zum Aufsetzen
der Lichter und für Gegenstände zweiten Ranges
benutzt werden. Die antike Dekoration, welche
besonders durch die pompejanischen Ausgra-
bungen bekannt ist, liebte rothe Gründe mit
bunten Figuren. Das alte Thesaion in Athen
hatte auf seinen aus köstlichem Marmor her-
gestellten Flächen als reichsten Schmuck eine
farbige Dekoration in Roth, Blau und Gold.2)

So findet man in den Anfängen der christ-
lichen Kunstthätigkeit zwei Systeme, von denen
das eine sehr helle, das andere kräftige farbige
Hintergründe bevorzugt. Beide begegnen uns
in der mittelalterlichen Kunst. Der Farbensinn
ist mit organischen Verhältnissen verknüpft. Er
bleibt immer derselbe und kehrt nach periodi-
schen, oft krankhaften Schwankungen wiederum
zu dem Normalen zurück. Vielleicht hat er die
mittelalterlichen Meister nach vielfachen Ver-

!) Schöne chromolitographische Wiedergaben in
de Rossi „Roma sotterranea".

2) Vgl. Sem per „Der Stil", I. 2. Aufl. 4. Haupt-
stück, § 80, S. 425 f.

suchen, zu der Praxis zurückgeführt, die im
Alterthum sich erprobt hatte.

Die bekanntesten frühmittelalterlichen Bei-
spiele figuraler Kirchenausmalung bieten beide
Systeme. In St. Savin ist der Grund meist
heller als die Figuren, während in der Georgs-
kirche zu Oberzeil ein dunkeler aus brauner,
gelber, röthlicher, grüner und blauer Farbe
gestreifter Hintergrund die Figuren mehr her-
vortreten läfst. In jener französischen Kirche
sind alle Farben leichter, mit viel Weifs herab-
gestimmt, während sie in der Malerei des ge-
nannten deutschen Klosters kräftiger und un-
gemischter aufgetragen sind.3) Beide Kirchen
zeigen in werthvollen Beispielen die ersten uns
erhaltenen bedeutenden Reste einer grofsartigen
Ausmalung. Unmittelbaren Werth haben sie
für unsere Zeit weit mehr durch die glückliche
Farbenstimmung als durch ihre Zeichnung.

Wieviel wir hinsichtlich der Farbenstimmung
noch zu lernen haben, erkennt man nirgendwo
besser als im Braunschweiger Dom, dessen
nördlicher Querschiffarm von einem neuern
Meister ausgemalt ist, während die Polychromie
des Chores und des südlichen Theiles des
Querschiffes aus der ersten Hälfte des XIII. Jahr-
hunderts stammt. Als Grund dient den alten
Malereien eine kräftige blaue Farbe, also eine
kalte Fläche. Auf den Chorgewölben, deren
Grate nicht markirt sind, findet man in blau
grttndirten Medaillonbildern, die durch grüne

s) S. Merimee „Notice sur les peintures de l'eglise
de Saint-Savin". Paris, 1845. Folio mit 39 Tafeln.
Kraus „Die Wandgemälde der St. Georgskirche zu
Gberzell auf der Reichenau". Freiburg, 1881. Folio.
 
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