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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Beissel, Stephan; Stummel, Friedrich: Die Farbengebung bei Ausmalung der Kirchen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0182

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305

1888. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 9.

306

Ranken und Blätter auf dem rothen Grund der
Zwischenräume zusammengehalten sind, den
Stammbaum Christi. Die blauen Wände werden
durch horizontale, warmfarbige Ornamentstreifen
in Abtheilungen zerlegt. In der untersten bilden
den Sockel gemalte Behänge, die rothe, graue,
gelbe und grüne Farben haben. Sie sind wie die
Figuren der obern Abtheilungen in der Gesammt-
wirkung warm. Pfeiler und Ecksäulen sind, in
romanischem Stile marmorirt, roth, grau und
serpentinartig. Die mit vorwiegend warmen
Farben bedeckten Gurten haben Medaillons mit
blauem Grund. Charakteristisch und bemerkens-
werth ist der gleiche blaue Hintergrund auf
den Wänden und Gewölben des südlichen
Kreuzarmes, dem warme Farben in allen tragen-
den und trennenden Gliederungen gegenüber-
stehen. Freilich findet sich auch in letzteren
hie und da Blau, aber doch nur in kleinen
Farbflecken dort eingestreut, wo die Masse der
warmen Farbe einer Lockerung bedarf.

In Methler bei Camen haben Gewölbe
und Wandflächen ebenfalls den gleichen blauen,
also kalten Hintergrund, während alle tragenden
Glieder sowie die Figuren in warmen Tönen
gehalten sind. Die Rippen hat der Meister
vielfarbig gemustert mit Roth, Gelb und Grau,
die Chorwände dagegen durch warmfarbige
Bogenstellungen in Felder getheilt und mit
Figuren gefüllt, hinter denen der blaue Grund
das Ganze abschliefst.

Auch in Brauweiler, Schwarzrheindorf, in
den Soester Kirchen und in den leider unter-
gegangenen Malereien der Ramersdorfer Kapelle
haben die alten Meister die Gewölbe und we-
nigstens einen Theil der Wände tiefblau ge-
färbt, den Baugliedern, den ornamentalen Thei-
len und Figuren dagegen warme Töne gegeben.')
In Ramersdorf waren die Gewölbekappen
mit hellen Figuren auf blauem Grund bemalt
und durch warmfarbige Rippen getrennt. Auf
den Wänden fand man unter hohen gelben
Giebeln, die sich von breiten zinnoberfarbigen
Streifen abhoben, hell gemalte Figuren auf
blauem Grund. Unter den Fenstern war der
Sockel hellgelb bemalt. Seine Farbe stieg an
den Schmalseiten der Fenster bis zum Gewölbe,
an den Pfeilern aber bis zu den Kapitalen auf.

') Abbildungen in Farben bei aus'm Weerth,
„Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den
Rheinlanden". Malerei.

In allen diesen Beispielen, die leicht zu
vermehren wären, ist dasselbe System befolgt.
Seine Grundregel lautet: «Man verwende kalte
Töne (meist blaue) auf den Wandflächen und
in den Gewölben, warme (meist gelbe und
rothe) für die Bauglieder, Ornamentstreifen und
Figuren.»

Eine Sonderstellung zu dieser Regel nimmt
die Kirche von Wienhausen bei Celle in
ihrer aus der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts
stammenden Dekoration ein. Jeder Gewölbe-
zwickel hat drei blau grundirte Kreise mit
Bildern aus dem Leben Christi und Maria.
Um die Kreise legt sich ein rother, mit Ranken
und grünen Blättern verzierter Grund. Ein
breiter weifser Streifen fafst diese farbige Füllung
ein und schliefst dieselbe ab gegen Wand und
Rippe. Wo die Rippe, an diesen weifsen Streifen
anstofsend, aus der Gewölbefläche hervorwächst,
da ist ihre gerade Fläche durchgängig mit einem
grünen Streifen und einem aus caput mortutim,
weifs und grün gebildeten welligem Bande orna-
mentirt. Es folgt die rothe Hohlkehle und der
mit einem Bandmuster aus Schwarz, Roth,
Schwarz, Grün bemalte Birnstab.

Im obern Theil der Mauer findet man auf
abwechselnd schwarzem und grünem Grund einen
Drachen in reichen Rankenverschlingungen,
tiefer nach unten Architekturen, in denen der
Grund abwechselnd blau und grün ist. Eine
rothe Einfassung und das alle Hauptlinien her-
vorhebende Weifs dienen als gliedernde Ele-
mente.

Durch den vielfachen Wechsel des Grundes
der Flächen in Blau, Grün, Roth und Schwarz
blieb für das Hervorheben der Rippen kein
Gegensatz über. Sie würden sich in den Flächen
verloren haben, wenn nicht an beiden Seiten
jener weifse breite Streifen die Scheidung her-
vorbrächte. Das konstruktive Element ist zu
wenig betont. Ein durch Wiederholung derselben
wenigen Farben einheitlicher, aber durch oft-
maligen Wechsel doch vielfarbig wirkender Tep-
pich scheint alles gleichmäfsig zu überziehen.2)

Wie die Kapelle Ludwig des Heiligen zu
Paris den Höhepunkt einer rein dekorativen Aus-
malung bezeichnet, so steht für eine figurale
Ausmalung die Kirche des heil. Franziskus zu



2) Eine Skizze ohne genaue Farbenangabe im
„Archiv f. Niedersachsens Kunstgeschichte" von Mit-
hoff. II. Tafel 3.


 
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