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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Bocholtz-Asseburg, Johann von: Meister Anton Eisenhut und sein Nachfolger Meister Otto Meier
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377

1888. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 11.

378

Meister Anton Eisenhut und sein Nachfbi eer Meister Otto Meier.

!er liebenswürdigen Bereitwilligkeit,
womit der Graf von Fürstenberg
zu Herdringen die in seinem
Familien-Archiv befindlichen An-
schreib-Kalender seines berühmten Ahnherrn
im achten Grade Caspar's von Fürstenberg,
Landdrosten von Westfalen, zur Verfügung
stellte, ist es zu danken, dafs die nachfolgenden
Nachrichten haben veröffentlicht werden können.
Jene Kalender, gewissermafsen zu Tagebüchern
ausgestaltet, eine wahre Fundgrube für Familien-
und Landesgeschichte, sind wahrscheinlich für
ihre Zeit einzig in ihrer Art unter dem deutschen
Adel. Sie umfassen die Zeit von 1572 bis 1610
(Jan. 7. letzte Einzeichnung), von welcher
32 Kalender noch vorhanden sind, dagegen
7 aus der Reihe verloren scheinen, auch schon
im vorigen Jahrhundert') nicht mehr aufgefunden
worden sind. Die Bearbeitung derselben, denn
so mufs man ihre theilweise Veröffentlichung
im „Leben und Wirken Caspar's von Fürsten-
berg von Pieler (Paderborn, Schöningh 1873)
nennen, ist leider als verfehlt zu bezeichnen.
Ein einfacher, wort- und buchstabengetreuer
Abdruck wäre sehr verdienstlich und viel er-
spriefslicher gewesen, wie dieses Durcheinander-
werfen nach Materien, dieses Aneinanderreihen
scheinbar zusammengehöriger Dinge, dieses
Zerren und Verschieben ohne Innehaltung der
Chronologie, vor Allem das Auslassen von dem
Verarbeitet- werthlos scheinenden Sachen —
alles mit dem Schein und der Absicht gröfserer
Uebersichtlichkeit und Ordnung!

Wie anders lebensvoll gestaltet sich das
Bild dieses thatenreichen Lebens Demjenigen,
welcher sich der Mühe unterzieht, die täglichen
Einzeichnungen einfach der Reihe nach, gewissen-
haft vonTag zu Tag, so, wie sie niedergeschrieben
wurden, durchzulesen. Der Zeitraum von fast
vierzig Lebensjahren eines überaus thätigen und
vielbeschäftigten Mannes in hervorragender
Stellung rollt an dem Leser vorüber und ge-
währt ein so unmittelbares frisches Bild aus
lauterster Quelle, wie es der interessanteste
Roman nicht lebendiger zu bieten vermag. Der
Mühe ist übrigens deshalb an und für sich

') Denn aus der Zeit rühren jene Notizen auf
einem Kalender-Umschlag her, welche Pieler S. 132
Anmerkung erwähnt. Die Abschriften sind also um
Jahre jünger wie Senaten und seine Helfer!

kaum zu erwähnen, da die Handschrift durch-
weg eine sehr deutliche und gut lesbare ist und
nur in einem Jahrgang, im Mai und Juni 1608,
etliche Blätter verblafst sind. Aber es gehört
Zeit dazu, besonders wenn die Lektüre, aufser
der eigenen, angenehmen Unterhaltung, auch
nutzbringend sein soll. Und da mufsten die
Notizen um so reichlicher ausfallen, als müh-
sames Suchen und die Vergleichung nur zu oft
ergab, wie lücken- und mangelhaft von Pieler
gearbeitet worden war, — was er freilich selbst
S. 367 mit den entschuldigenden Worten an-
deutet: die Geschichtsquelle sei bei weitem nicht
erschöpft.

Wie sehr das der Wahrheit entspricht, soll, da
der wortgetreue Abdruck der ganzen Kalender-
Reihe zur Zeit noch fehlt, hier nur an einem
Gegenstande dargethan werden, weil auch für
die Kunstgeschichte werthvolle Notizen darin,
bisher ungehoben, vorhanden sind.

Die im Jahre 1879 vom Verein für Ge-
schichte und Alterthumskunde Westfalens zur
Feier seines 50jährigen Bestehens in Münster
veranstaltete Alterthümer-Ausstellung hat, durch
den Herdringer Silberschatz, wenn nicht gerade
die Entdeckung gemacht, so doch die hohe Be-
deutung des Warburger Goldschmieds Meister
Anton Eisenhut für weitere Kreise ver-
mittelt. Westfalen besitzt in ihm einen Künstler,
dessen Arbeiten sich dem Besten, was die
Uebergangszeit und Renaissance hervorgebracht,
würdig an die Seite stellen. Die herrlichen
Silberstücke im Besitz des Grafen von Fürsten-
berg tragen zum Theil seinen Namen ein-
gravirt und wenn auch vereinzelte Stimmen an
dem einen oder andern der nicht damit be-
zeichneten seine Meisterhand nicht glaubten er-
kennen zu sollen, so ist doch im Ganzen die
Meinung die vorherrschende geblieben, jene
prächtigen Kirchengeräthe seien sämmtlich von
ihm hergestellt. Das im höchsten Grade rege
gemachte Interesse wendete sich u. a. vorzugs-
weise zwei Fragen zu: Wie und wann sind
die Sachen in den Fürstenberg'schen Familien-
besitz gelangt und was weifs man noch etwa
über die Person und die weiteren Schicksale
des Meisters? Pielers Buch ergab nur ein
dürftiges und unzusammenhängendes Resultat;
mit Hülfe der jetzt aufgefundenen Notizen ist
die erste Frage nahezu vollständig gelöst, für
 
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