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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Beissel, Stephan: Das Karolingische Evangelienbuch des Aachener Münsters
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Merlo, Johann Jacob: Der Engelbertusschrein im Kölner Dom und sein Verfertiger, der Goldschmied Conrad Duisbergh
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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0043

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59

1888.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

60

Alles scheint zu beweisen, dafs beide
Kodices von Anfang an für den Gebrauch
beim Gottesdienst der kaiserlichen Pfalz-
kapelle zu Aachen bestimmt gewesen sind.
Da nun der jüngere höchst wahrscheinlich
um 940 von Liuthar, einem Abt der
Reichenau, dem Kaiser Otto I. überreicht
wurde, mufs der erstere Kodex, dessen
Miniaturen sich eng an die Karolingische
Kunstthätigkeit anschliefsen, dessen Schrift
alterthümlicher ist und dessen Text im
Comes ältere Namen und Bezeichnungen
anwendet, jedenfalls schon im 9. Jahr-

hundert entstanden sein, nicht im 10., wie
Lamprecht angenommen hat. Es dürfte
sich erst, wenn einmal die Handschriften
jener Zeit genauer untersucht sein werden,
ein genaueres Urtheil über Ort und Zeit
seiner Anfertigung abgeben lassen.

Hoffentlich erscheint bald die von der
Gesellschaft fürRheinische Geschichtskunde
unternommene Publikation des Trierer
Adakodex, dann wird sich Gelegenheit
bieten, auf die liturgischen Bücher der
Karolingischen Epoche zurückzukommen
und sie eingehender zu besprechen.

Der Engelbertusschrein im Kölner Dom
und sein Verfertiger, der Goldschmied Conrad Duisbergh.

Mit Lichtdruck (Tafel IV).

u den werthvollsten Gegenständen,
welche die Schatzkammer des Kölner
Domes aufbewahrt, gehört die sil-
berne, grofsentheils vergoldete Pracht-Tumba,
welche die Gebeine des hl. Engelbertus, Kölns
glorreichen Erzbischofs, verschliefst. Es ist eins
der seltenen Werke dieser Art aus der Zeit der
Spät-Renaissance und eine so hervorragende
Leistung, dafs" sich der Kölner Meister noch
auf der Höhe der Kunstfertigkeit zeigt, durch
welche die hiesigen Goldschmiede des Mittelalters
einen weit verbreiteten Ruhm erlangt hatten.
Bei dieser Anerkennung ist freilich die Wahr-
nehmung nicht auszuschliefsen, dafs Einzelnes,
namentlich in den für die Ornamentik gewählten
Details (z. B. den Engelsköpfchen), eine im Sinken
begriffene Geschmacksrichtung bekundet.

Auf jeder der beiden Längenseiten sind in
getriebener Arbeit vier Hauptmomente aus dem
Leben des Heiligen dargestellt, beginnend mit
der Geburt im Jahre 1185 und abschliefsend
mit der Aufnahme unter die Märtyrer. Zwischen
diesen mit erklärenden Beischriften versehenen
acht Feldern sind zehn ziselirte Statuetten be-
rühmter Bischöfe aufgestellt, welche durch
Heiligsprechung von der Kirche ausgezeichnet
wurden, nämlich Severinus, Evergislus, Kuni-
bertus, Agilolphus, Hildegerus, Hildebaldus,
Bruno, Gero, Heribertus und Anno, jeder mit
Beifügung seines Namens. Die vordere Schmal-
oder Kopfseite nimmt der segnende Heiland,

begleitet von dem Apostelfürsten Petrus und
Kölns erstem Bischof St. Maternus, seinem
Schüler, ein. An der entgegengesetzten Schmal-
seite erscheinen die Hauptpatrone der Kölner
Domkirche, die hl. Dreikönige, dem Jesuskinde
ihre Gaben opfernd.

An dem etwas gerundeten Theile des Deckels
sind in acht länglichen Feldern Wunderwirkungen
dargestellt, welche den um die Fürbitte des
hl. Engelbertus flehenden Hülfsbedürftigen bei
mancherlei Krankheiten und Gebrechen zu Theil
geworden. Die Bilder der vier Evangelisten
sind an den Ecken sitzend angebracht. Auf
der Deckelfläche erblickt man in etwas ver-
gröfsertem Mafsstabe die ruhende Gestalt des
Heiligen im bischöflichen Ornat mit Inful und
Stab; sein linker Arm stützt sich auf ein Kissen,
auf dem auch der Kurhut liegt. Zwei knieende
Engel halten die Symbole des Martyriums.

Das Gewicht des ganz aus massivem Silber
angefertigten Schreins wird mit 149 Pfund an-
gegeben. Die Länge beträgt 1,19 m, bei einer
Höhe von 0,61 m und einer Breite von 0,42 m.

Die Entstehung verdankt man dem Kur-
fürsten Ferdinand, Herzog von Baiern, welcher
von 1612 bis 1650 die Würde des Erzbischofs
von Köln bekleidete. Sein Stammwappen nebst
dem Wappen des Erzstifts sind in emaillirter
Arbeit an dem Deckel angebracht. Die nächste
Veranlassung zur Anfertigung wurde gegeben
als am 6. August 1622 der Erzbischof die seit,
 
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