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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0076

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17

1888. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

118

Bücher schau.

Thurmbuch.

Thurmformen aller Stile und Länder, gesam-
melt und gezeichnet von Conrad Sutter, mit
einem Vorwort von Dr. F'r. Schneider. — Berlin,
Ernst Wasmuth. I. u. II. Lief. 20 Blatt grofs Folio.

Es fehlt uns nicht an Werken, welche theils die
Entwickelung der Baukunst in ihrem ganzen Zusammen-
hange behandeln, theils nur einzelne Perioden um-
fassen. Diese Publikationen haben für den ausübenden
Künstler jedoch nur ein untergeordnetes Interesse, weil
in denselben zu viele und deshalb wenige Bauwerke
gründlich beschrieben und dargestellt sind.

Ein ebenso origineller als praktischer Cedanke ist
es deshalb, den Thurm als selbstständigen Bautheil zu
betrachten und bildlich darzustellen. Man könnte viel- [
leicht versucht sein, es für unzweckmäfsig zu halten,
einen Theil des Ganzen als etwas für sich Bestehendes
zu behandeln; indessen ist es eine feststehende That-
sache, dafs bei vielen unserer alten Bauwerke die Thürme
späteren Datums sind als der Hauptbau oder dafs die-
selben, obwohl ursprünglich mit der ganzen Anlage über-
einstimmend, in späteren Zeiten eine besondere Aus- j
bildung erhielten. Abgesehen davon bieten die alten
Burg- und Stadtbefestigungen manche interessante Bei-
spiele selbstständiger Thurmanlagen, die eine besondere
Aufmerksamkeit verdienen. Wir begrüfsen deshalb das j
Thurmbuch als eine einem wirklichen Bedürfnisse ent-
gegenkommende Arbeit und hoffen, dafs noch manche
Lieferungen den beiden ersten folgen werden.

Die verständnifsvolle Auffassung und die echt
künstlerische Wiedergabe der dargestellten Bauwerke
verdienen gleiches Lob. In bunter Abwechselung führt
uns der Verfasser in den vorliegenden Lieferungen
mehr als vierzig Thurmanlagen vor Augen, deren cha-
rakteristische und stilistische Eigenthümlichkeiten in
treffendster Weise veranschaulicht werden. Der Vor-
rede gemäfs soll das Thurmbuch keine systematische
Zusammenstellung der Thurmformen, sondern ein
Sammelwerk, ein Nachschlagebuch sein, das für den
Handgebrauch der Baukünstler bestimmt ist. Es ist
wahrscheinlich vom Verfasser als selbstverständlich vor-
ausgesetzt worden, dafs dem Schlüsse des Werkes
eine chronologische und alphabetische Uebersichts-
tabelle beigegeben wird, da sonst ja das Nachschlagen
lästig und zeitraubend würde. Auch wäre es zu
wünschen, dafs schon auf den Zeichnungen selbst das
Datum der Entstehung resp. Vollendung der einzelnen
Bauten aufgeführt würde.

Architekten und Kunstfreunden wird das Werk
sehr willkommen sein.

Dem Verleger gebührt für die schöne, gediegene
Ausstattung der trefflichen Arbeit volle Anerkennung.

L. von Fisenne.

Neuwirth, Dr. Joseph, Geschichte der christlichen
Kunst in Böhmen bis zum Aussterben der Premys-
liden. Prag 1888. Verlag der J. C. Calve'schen
k. k. Hof- und Verlagsbuchhandlung. 8°, 493 S.
mit 125 Abbildungen.
Die vorliegende Kunstgeschichte, welche die Ent-
wickelung der chrislichen Kunst in Böhmen v. 845

bis 1306, also vom ersten Eindringen des Christen-
thums bis zum Aussterben der nationalen Dynastie im
Mannesstamme umfafst, ist von nicht zu unterschätzen-
der Bedeutung. Nach streng wissenschaftlicher Methode
übersichtlich und klar mit vollständiger Beherrschung
des vorhandenen Materials angelegt, dabei der nöthigen
Kritik nicht entbehrend, darf das Werk eine Quellen-
schrift im vollsten Sinne des Wortes genannt werden.
Es ergänzt und stellt vielfach die Arbeit Gruebers
richtig (die Kunst des Mittelalters in Böhmen, Wien
1871 —1879), die allerdings bahnbrechend war, aber
doch der wissenschaftlichen Unterlage ermangelte.
Die Resultate der czechischen Forschung und die viel-
fach zerstreuten Mittheilungen werden in umsichtiger
Weise dem deutschen Kunsthistoriker zugänglich ge-
macht. Wenn vielleicht das Endergebnifs der For-
schungen Neuwirths, dafs nämlich die Entwickelung
der christlichen Kunst in Böhmen vollständig auf
deutschen Einflufs zurückzuführen sei, nicht allseitig
Beifall findet und manchem nicht genug begründet
erscheinen mag, so wollen wir darüber mit dem Ver-
fasser nicht rechten, ebenso wenig über einzelne Un-
richtigkeiten, Mängel, Auslassungen u. s. w. Entschie-
den aber wünschenswerth erscheinen uns im Interesse
des Werkes reichlichere, bessere und vollständigere Illu-
strationen und namentlich hätten wir gerne gute Licht-
drucke bei manchen Mittheilungen gesehen. Indessen
bescheiden wir uns doch leicht bei den sonstigen
Vorzügen des Werkes, welches wir dem Kunsthistoriker
sowohl wie jedem Kunstfreunde auf das wärmste em-
pfehlen, zumal die Ausstattung desselben eine übrigens
vortreffliche ist. Dompropst Dr. Beringe.

Alte Handzeichnungen nach dem verlorenen
Kirchenschatz der St. Michaelskirche zu
München. 50 Taf. Lichtdr. von Jos. Albert.
Mit erklärendem, reich illustrirtem Texte herausgeg.
vonLeop. Gmelin, Prof. a. d. Kunstgew.-Schule
zu München. Gr. Fol. in Mappe M. 25.
Herzog Wilhelm V. sfattete die von ihm erbaute
Jesuitenkirche in München 1593 mit einem reichen
Schatz an Heiligthümern und kostbaren Kirchengeräthen
aus. Dazu kamen werthvolle Geschenke, welche Papst
Clemens VIII. den Söhnen des Herzogs aus Anlafs
ihrer Reise nach Rom geschenkt hatte. An dritter
Stelle endlich vermehrten Kostbarkeiten des deutschen
Ordens aus der Bailei Franken den Kirchenschatz, der
auf diese Weise nach Stückzahl und Werth zu aufser.
ordentlicher Bedeutung anwuchs. Die Gegenstände
selbst sind nun, bis auf ein einziges Stück, in Verlust ge-
rathen; dagegen sind uns deren Abbildungen in Auf-
nahmen bewahrt, welche der Stifter selbst um 1610
anfertigen liefs in der Absicht, das Ganze „mit ge-
bührender Sorgfalt zu bewahren und Zerbrochenes oder
Verlorenes wieder herzustellen oder wieder zu erwerben".
Eins und das andere ward damit nicht erreicht; wohl
aber ersehen wir heute daraus die Summe der präch-
tigen Reliquiarien in Form von Monstranzen und reich
verzierten Kästchen, daneben die mit vollendeter Kunst
im Geschmack der Zeit ausgestatteten Altargeräthe
(Kelche ausgeschlossen), Leuchter, Lampen, Blumen-
vasen, Becken bis zum kunstvoll gearbeiteten Lösch-
 
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