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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0077

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119

1888.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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hörn und der Lichtscheere herab: für die Kenntnifs
der liturgischen Geräthe und der kunstgewerblichen
Leistungen jener Zeit von hohem Werth. Die Auf-
nahmen sind in der Mehrzahl von geübter Hand ge-
zeichnet und wirkungsvoll ausgemalt, so dafs die
Wiedergaben derselben unserem Kunsthandwerk un-
mittelbar als Vorlagen dienen können. Gesammtform
und Einzelheiten sind in den meisten Fällen geradezu
mustergültig. Die Bearbeitung ist mit anerkennens-
werther Sorge durchgeführt und bietet auch für die
Kulturgeschichte werthvolle Erhebungen. Irrthümlich
werden „Maienkrüglein", d. i. Gefäfse zur Aufstellung von
Maien, lebenden Gewächsen und Blumen, Marienkrüglein
(T. XIII. u. S. 0) genannt. Die „Glutpfannen" (T. XVII)
sind Wärmgefäfse, wie sie auch im M. A. auf dem Altar
bei der hl. Messe aufgestellt zu werden pflegten. Die
„Zimbeln" (T. XII und XV) umschlossen als Gehäuse
die frei darin aufgehängten Glöckchen, eine Anordnung
der Altarschellen, wie sie aus dem M. A. bis in's 18. Jahr-
hundert sich erhielt. Das Werk reiht sich dem Besten
an, was wir an sog. „Heiltumsbüchern" besitzen und
schliefst der Zeit nach die Reihe dieser so merkwürdigen
kirchlichen Schatzverzeichnisse. F. S. Mz.

Bücher-Ornamentik in Miniaturen, Initialen, Al-
phabeten u. s. w. In historischer Darstellung das
IX. bis XVIII. Jahrhundert umfassend von A. Nied-
1 i n g in Aschaffenburg. 30 Foliotafeln zum Theil
in Farbendruck. Mit erklärendem Texte. Weimar,
B. F. Voigt. Mark 12.

Eine sehr grofse Anzahl von korrekten, fast aus-
schliefslich auf neuen Aufnahmen beruhenden Mustern
bietet das vorliegende Werk zu einem beispiellos
billigen Preise. Die Spätgothik und die Frührenaissance
sind darin ganz besonders vertreten, also die prak-
tischen Bedürfnisse der Schule, der Werkstatt, des
Hauses in erster Linie berücksichtigt. Defswegen ist
auch das „Vorwort" ganz kurz, die „Inhaltsangabe
der 30 Tafeln" sehr knapp ausgefallen. Es handelte
sich ja nicht vornehmlich um eine Bereicherung der
Kunstwissenschaft, obwohl auch diese hier manchen
neuen und guten Beitrag findet, sondern namentlich
um eine Fundgrube für Gewerbeschuler und Kunst-
handwerker. Diese dürfen sich ganz besonders freuen,
jene endlich in diesem zuverlässigen Führer zu be-
sitzen , der aber nicht so sehr kopirt als benutzt
sein will; ein Lehrbuch, keine Eselsbrücke. g.

Muster altdeutscher Leinen Stickerei. Vierte
Sammlung. Gesammelt und herausgegeben von der
Redaktion der Moden weit. Berlin, Franz
Lipperheide. 1888.

Dafs in Deutschland die Leinenstickerei jetzt
mehr und verständiger gepflegt wird als irgendwo,
ist manchen weiblichen Handarbeitsschulen und ihren
tüchtigen Vorsteherinnen im Norden wie im Süden
zu danken, aber auch der Redaktion der „Moden-
welt", die seit einer Reihe von Jahren bestrebt ge-
wesen ist, eine Masse guter Vorbilder in vorzüglichen
Abbildungen und mit ebenso eingehenden wie klaren,
von Illustrationen unterstützten Unterweisungen für
deren Benutzung zu bieten. Neben den in der Zeit-
schrift selbst zerstreut gegebenen Mustern liefern die
sie vereinigenden Sammlungen „ alt italienischer
und altdeutscher Leinenstickerei": überaus zahl-

reiche Vorlagen, die, 5 Hefte umfassend, diese herr-
liche Technik mächtig gehoben und gefördert haben
zur Zierde des Hauses und der Kirche, zur Hebung
des Geschmackes und zur Heranbildung unzähliger
weiblicher Kräfte. Jede Vermehrung dieser Samm-
lung ist äufserst willkommen, zumal, wenn sie so viel
Neues und Gutes bietet wie die vorliegende. Diese
besteht in 30 Tafeln mit 193 Mustern. Ihnen geht
ein „Verzeichnifs der Muster", eine „Uebersicht über
die Herkunft der Muster", endlich „über ihre An-
wendung" voraus, die 16 Seiten und 109 einge-
streute Illustrationen umfafst. Hier ist in knapper,
aber durchaus anschaulicher und verständlicher Weise
die Rede von der „Wiedergabe und Zusammenstellung
der Muster", von der „Ausführung in verschiedener
Technik", vom „Kreuzstich", „Flechtenstich", „Locken-
stich", „Kettenstich", „Knötchenstich", „Ueberfang-
stioh", „Stopfstich", „Gobelinstich", „Flachstich",
„Wirkstich", von der „Strickerei und Häkelarbeit",
zuletzt von der „Anordnung zum Ausschmücken ver-
schiedener Gegenstände", also von der Verwendung
der einzelnen Muster für den Schmuck der Kleidung
und der Wohnung. Die Zahl der alten Freunde ist
dieser Sammlung von selbst gesichert; mögen viele
neue sich dazu gesellen! Rd.

Anton von Werners Zeichnung Seiner Maje-
stät des Kaisers Wilhelm auf dem Sterbebette ist be-
kanntlich durch besondere Gnade Ihrer Majestät der.
Kaiserin Augusta weiteren Kreisen zugänglich gemacht
und in Lichtdruck bei Paul Bette in Berlin in 3 ver-
schiedenen Gröfsen erschienen. Das gröfsere Blatt
49:42 ctm ä 15 M. liegt uns vor. Wir gestehen
gern, dafs die Meisterleislung Werner's in vorzüg-
licher Weise wiedergegeben ist. Ein schöneres, sinnigeres
und ergreifenderes Erinnerungsblatt an den verstorbenen
Monarchen dürfte nicht leicht gefunden werden. b.

„Jüngstes Gericht" von Cornelius, grofser
Prachtkupferstich 74 X 46 cm ohne Rand nach
dem Kolossal-Gemälde in der Ludwigskirche in
München, gestochen von Merz. Mark 24. —
F. Gypens Kunstverlag in München.

Zu den erhabensten Schöpfungen der religiösen
Malerei unserer Zeit gehört vornehmlich „das jüngste
Gericht" von Peter von Cornelius. Die Genialität der
Auffassung, die Grofsartigkeit der Komposition, die
Charakterisirung der einzelnen Personen und Gruppen
weisen ihm vielleicht die allererste Stelle zu. Wer jemals
vor diesem gewaltigen ergreifenden Gemälde-Drama ge-
standen hat, mag den Wunsch empfunden haben nach
dem Besitze einer würdigen Abbildung. Diese liegt endlich
in dem Kupferstich von Merz vor, der eine vorzügliche
Leistung ist, weil er das Original in seinen charakteristi-
schen Eigenthiimlichkeiten, in seinen markigen Zügen, in
seinen wunderbaren Lineamenten mit höchstem Verständ-
nisse wiedergibt und den Reiz der Farbe um so weniger
vermissen läfst, als diese auf allen Gemälden von Cor-
nelius der Zeichnung gegenüber in den Hintergrund
tritt. Als ernster und erhebender Zimmerschmuck, der
das Auge in hohem Mafse befriedigt, der nie ermüdet
und immer wieder zu neuen Gedanken anregt, wird das
vortreffliche Blatt sich gewifs in kurzer Zeit einen grofsen
Kreis von Gönnern erwerben. ff.
 
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