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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Schneider, Friedrich: Unsere Pfarrkirchen und das Bedürfnis der Zeit
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Beissel, Stephan; Stummel, Friedrich: Die Farbengebung bei Ausmalung der Kirchen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0100

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163

1888.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr.

164

dies? Nicht von der Neuheit der ganzen Er-
scheinung: keineswegs;. wohl aber von der un-
genügenden Gestaltung des Raumes. Es fehlt
durchweg ein Zug der Gröfse: man untertheilt
einen Raum mit Stützen, die im Interesse einer
grofsen Innenwirkung besser weggeblieben wären;
Glieder und Ornamente werden entsprechend
klein, oder, richtiger gesagt, schwächlich, und
der unbefriedigende Eindruck ist unvermeidlich.
Hält man den Raum zusammen, so ist man

von selbst auf dem Weg, die Gröfse der Wir-
kung zu wahren; kleine Nebenräume geben
dann malerische Abwechselung, günstige Schat-
tenwirkung und den geeigneten Mafsstab zur
Beurtheilung des Hauptraumes. Die moderne
Kirchenbaukunst kann darum nur gut thun,
das bezeichnete Motiv aufzugreifen und es ein-
gehend zu verarbeiten. Des Erfolges möchte
ich nach allen Beziehungen sicher sein.

Mainz. Friedrich Schneider.

Die Farbengebung bei Ausmalung der Kirchen.

I.

n jedem auch nur etwas architek-
tonisch gegliederten Bau bringen
Licht und Schatten vielfache Farben-
töne hervor, wodurch die verschie-
denen Theile der Anlage an Bedeutung ge-
winnen oder verlieren. Stark hervortretende Ge-
simse oder profilirte Pfeilermassen verdanken
ihre ästhetische Wirkung dem Wechsel von
grösserer und geringerer Helligkeit. Durch
Licht und Schatten helfen sie dem Auge, die
Höhe, Länge und Breite eines Raumes zu
schätzen, und die einzelnen Bautheile in ihrer
gegenseitigen Wechselwirkung leicht zu er-
kennen.

Der erste Zweck bei Ausmalung einer Kirche
muss daher immer darauf hinzielen, die Archi-
tektur derselben klarer hervortreten zu lassen.
Ueberall, wo diese Hauptaufgabe nicht streng,
mit bewufster Absichtlichkeit festgehalten wird,
giebt es Disharmonien zwischen dem Bau und
der ihm gleichsam als Kleid dienenden Farbe.
Das zweite Hauptgesetz bei Ausmalung einer
Kirche mufs verlangen, dafs helle Stellen
lichtere Farben, schattige hingegen dunkelere
Töne erhalten.

An dritter Stelle dürften wohl die Regeln
der alten Herolde auch hier als mafsgebend
anzusehen sein. Sie verlangten bei Ausmalung
der Wappen, dafs für gewöhnlich vier Farben
herrschen sollten, die sie in zwei Gruppen
trennten. Auf die eine Seite stellten sie die
Metalle: Gold oder Silber, wofür Gelb und
Weifs eintreten konnten, auf die andere: Roth
und Blau, welche als eigentliche „Farben" galten.
In einen roth oder blau grundirten Schild setzten
sie demnach einen goldenen oder silbernen

Löwen, dagegen auf einen goldenen oder sil-
bernen Grund eine blaue oder rothe Figur. So
viel als möglich, mufsten Metall und Haupt-
farben abwechseln. Als Farben zweiten Ranges,
die seltener Anwendung fanden, verwandten sie
Schwarz, Grün, Violett und Braun.

Weil der Meister, dem die Ausmalung einer
Kirche übertragen ist, sich entweder darauf be-
schränkt, nur verschiedene Farben und Teppich-
muster anzubringen, oder, weitergehend, auch
Bilder zu malen unternimmt, ergeben sich zwei
Systeme, ein einfacheres, dekoratives und
ein reicheres, figurales.

I. Dekorative Ausmalung.

In den meisten Kirchen tritt der erste oben-
genannte Zweck, die architektonischen Glieder
heranwachsen zu lassen, schon in die Erscheinung
durch den Farbengegensatz, welcher sich aus
dem Baumaterial ergiebt. Die tragenden Glieder,
also die Pfeiler, Säulen, Pfosten und Gurten, sowie
die Bogen, Fenstereinfassungen und Gesimse
sind häufig aus bessern und sorgfältiger bear-
beiteten Hausteinen hergestellt als die zwischen
ihnen aufgeschichteten oder aufgemauerten
Flächen und Gewölbekappen. Das Material
gibt also schon an sich einen Farbengegensatz,
der um so stärker wird, wenn nur die eigent-
lichen Mauerflächen und Gewölbe verputzt sind.

Im Xantener Victors-Dome stützte die alte
Bemalung der gothischen Theile sich haupt-
sächlich auf den Unterschied des verwendeten
Materials. Die Pfeiler, Pfosten und Gesimse
sammt den Gewölberippen hatte man aus gutem
Haustein gemeifselt, während die Füllungsmauern
im Innern aus Tuff oder Ziegel bestanden. Alle
tragenden Glieder, die Pfeiler, Fensterpfosten und
Bogen erhielten eine dunkelgraue, aus Umbra
 
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