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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Effmann, Wilhelm: Die Klosterkirche zu Boedingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0180

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301

1888.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. !).

302

die halbrunden Hochfenster des Mittelschiffs
vermauert und die Seitenschiffdächer bis zum
Hauptgesims des Mittelschiffs heraufgeführt.
Der Grund zu dieser, die äufsere Schönheit und
die innere Wirkung des Bauwerkes arg schä-
digenden Mafsnahme ist muthmafslich in der
etwas flachen Neigung der Seitenschiffdächer zu
suchen, welche dadurch nur schwer dicht zu
halten waren. Durch die Restauration sind die
Fenster wieder vollständig frei gelegt worden.
Ihr rundbogiger Abschlufs findet an dem Bau-
werk keine Wiederholung. Anlafs zu der Wahl
dieser Form hat wohl der Wunsch gegeben, die
Höhe der Mittelschiffwände möglichst gering zu
bemessen, um die Strebebogen zur Abfangung
des Gewölbeschubs entbehren zu können. In
den Fenstern der ursprünglichen Bautheile be-
wegt sich das Mafswerk noch in strengen For-
men, in denen des Erweiterungsbaues herrscht
dagegen das in der Spätgothik beliebte Fisch-
blasenmuster vor. Die Gewölbebildung in dem
älteren Theile der Kirche ist schlicht; die ein-
fach profilirten Rippen entwachsen ohne Ueber-
leilung durch Kapitelle und Konsolen den Pfei-
lern und Wänden. Im Chor und Querschiff
dagegen werden die Rippen von Diensten auf-
genommen, welche tiefer heruntergeführt sind
und auf Konsolen aufsetzen.

Die Aufsen-Architektur wird durch die Ab-
bildungen ausreichend klar gestellt: diese er-
gänzend sei nur erwähnt, dafs bei der Restau-
ration am Westende des südlichen Seitenschiffes
eine auf der Längenansicht (Fig. 2) fortgelassene
Eingangsthür und an der Ostseite des Chores
eine kleine, in den Abbildungen ebenfalls nicht
wiedergegebene Sakristei angelegt worden ist.
Bei dieser Gelegenheit hat man zugleich die
der Erneuerung bedürftige Chorhaube, welche
sich bis dahin zu der in dem Längenschnitt
(Fig. 3) einpunktirten Höhe erhob, um etwa
(j m gesenkt. Wenn auch zugegeben werden
mufs, dafs die neue Chorhaube bei der ge-
schickten, durch Schiftung gewonnenen Ueber-
leitung zu einer steileren Spitze von mäch-
tiger Wirkung ist, so wäre doch zu wünschen
gewesen, dafs man sich zur Beibehaltung der
alten, so charakteristischen Form entschlossen
hätte.1)

') Auch die Ministerialinstanz (Geheimer Ober-
baurath Spieker) stand, wie aus dem Revisionsbericht
hervorgeht, der Beseitigung des alten Chorhelmes nicht
ohne Bedenken gegenüber.

Die sorgsame und durchgreifende Restau-
ration des Jahres 1884, welche namentlich auch in
Folge der im Laufe der Zeit durch Verwitterung
und andere Unbilden entstandenen Schäden er-
forderlich geworden war, lag in den Händen des
Kreisbauinspektors Freyse zu Köln. Die Kosten
derselben überstiegen weitaus die Kräfte der
nur 850 Seelen zählenden und wenig begüterten
Gemeinde und sind deshalb durch eine Kirchen-
kollekte und die Beihülfe der rheinischen Pro-
vinzialverwaltung gedeckt worden.2) Die stil-
gerechte, aber in einfacher Ausführung ge-
plante innere Ausschmückung ist aus Mangel
an Mitteln bis jetzt auf die Beschaffung einiger
Farbenfenster beschränkt geblieben. Von den
alten Glasmalereien hat sich nur das mittlere
Chorfenster, wenn auch nicht ganz unversehrt
erhalten. Es ist in jüngster Zeit in dem Atelier
von Hertel & Lersch zu Düsseldorf gut restau-
rirt worden; est stellt dar: Christus am Kreuze
mit Maria und Johannes neben dem Kreuze,
darunter links der selige Hermann Joseph, der
seine rechte Hand auf die Schulter des knieenden
Donators legt; in der Mitte das erzbischöfiieh-
kurfürstliche Wappen. Das Fenster stimmt in
seinem ganzen Charakter überein mit den Glas-
malereien in den Nordfenslern des Domes zu
Köln und geht vielleicht auf denselben Glas-
maler zurück, welcher das ■ (von Westen ge-
rechnet) vierte Domfenster angefertigt hat. Es
spricht hierfür wenigstens der Umstand, dafs
das Fenster zu Boedingen, von dem Erz-
bischof Hermann, Landgraf von Hessen (f 1508)
gestiftet worden ist,3) demselben, welcher auch
jenes Domfenster geschenkt hat.4) Von den
sonstigen Inventarstücken der Kirche ist als
bemerkenswerth noch Folgendes hervorzuheben:
die Mensa des Hochaltars mit gothischem Orna-
ment; die gothische, jetzt in die neue Sakristei
versetzte Piscina; auf dem Altar im Nordflügel
des Querschiffs drei grofse, von dem Düssel-
dorfer Maler Salentin restaurirte Oelgemälde
aus der Zeit Rubens', mit Darstellungen des
kreuztragenden Heilandes; steinerne Memorien-

2) Dieselbe wendet für die Erhaltung und Wieder-
herstellung alter Baudenkmäler alljährlich beträchtliche
Summen auf.

8) Mittheilung des Herrn Pfarrers Cremer.

4) L. Eltester „Die Stiftungen der gemalten
Fenster im hohen Chore und nördlichen Seitenschiffe
des Domes zu Köln". Organ für christliche Kunst,
5. Jahrgang (1855), S. 244.


 
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