Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

DOI Artikel:
Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0145
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
249

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

250

mehrere Knechte und Reiter. Sant-Illie bietet
uns ein Beispiel noch primitiver Vereinfachung
der Passionsszenen. Ist schon die Bearbeitung
der Szene des hl. Abendmahles und der Fuß-
waschung dadurch bemerkenswert, daß der
Maler darin nur je sechs Apostel eingeführt
hat, so zeichnen sich die anderen Fresken im
Kirchenraume durch ihren miniaturartigen
Charakter der Auffassung aus. In der Kreuzi-
gung sind beide Schacher weggelassen, unter
dem Kreuze stehen nur die Hauptpersonen,
links die trauernde Maria mit anderen mitleiden-
den Frauen,
rechts Johan-
nes und der
römische Cen-
turio. Fast
in ähnlicher
Weise ist die
Kreuzigung in
derWoronetzer
Kirche behan-
delt. In Mol-
dawitza da-
gegen springt
in die Augen
die Häufung
der das Kreuz
umgebenden
Personen und
der ikonogra-
phischen Zu-
taten. Die
Szene enthält
außer dem
Heiland die
Schacher, die
Gruppe der
Frauen, den
hl. Speerträger und Johannes, und einige
Söldner zu beiden Seiten des Bildes. Rechts
steht Moses mit einer beschriebenen Pergament-
rolle, unter dem Kreuzfuß sieht man in einer
Höhle die Halbfigur Adams. Noch reicher
an Figuren ist das Kreuzigungsbild in der
Georgskirche zu Suczawa. Die Szene ist mit
symbolischen Zutaten ausgestaltet, zu denen
außer Moses die Personifikationen des Alten
und Neuen Testamentes gehören. Es sind
dies aus der romanischen Zeitperiode uns
wohl bekannte Personifikationen der Ecclesia
und Synagoga, die hier nur eine andere Form
annahmen, denn nicht als weibliche Gestalten,

Abb. G Badeutz, Aus dem Zyklus des LI Prokopios. (I'ronaos.)

sondern als gekrönte Männer sind sie abge-
bildet. Der zur Linken stehende Mann im
Nimbus fängt das Blut aus der heiligen Wunde
in den Kelch auf, neben ihm steht ein Engel.
Dieser Gruppe entsprechen auf der rechten
Seite wiederum zwei Personen. Der Mann
mit einer Krone, doch ohne Nimbus um das
Haupt, trägt in Begleitung eines Engels ein
Buch in der Hand. Es ist die Personifikation
des Alten Testamentes, wie die Inschrift be-
sagt; der das Blut Christi auffangende Mann
stellt dagegen das Neue Testament vor.

Woher diese
Häufung von
Symbolen und
Personen? In
der byzanti-
nischen Kunst
des Mittel-
alters sind die
Leidensszenen
recht einfach
behandelt und
weisen nicht
so große Fülle
von ikonogra-
phischen De-
tails auf. Ins-
besondere be-
gegnet man
selten den alle-
gorischen Ge-
stalten des
Alten und

Neuen Testa-
mentes, ob-
gleich ander-
seits die Be-
hauptung

Kraus', der Gegensatz der Kirche und der
Svnagoge sei der griechischen Kunst fremd12;,
kaum begründet erscheint. In der Smyrner
Handschrift des Kosmas Indikopleustes aus
dem IX. Jahrh. tritt uns das Motiv der als
Frau aufgefaßten Personifikation der Kirche
entgegen (S. 137) ls), in dem Evangeliare
Nr. 74 der Pariser Bibliotheque nationale

12) Kraus, »Geschichte der christlichen Kunst«
II, S. .144, 422—423.

13) Strzygowski J., »Der Bilderkreis des grie-
chischen Physiologus», Byzantinisches Archiv,
hrs^;. von Karl Krunilmcher, Heft 2 (Leipzig 1899,1,
S. 44-45, 84-85, Tafel XXIII.
 
Annotationen