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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0146

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251

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 8.

(S. 59), wie auch in dem Evangeliare von
Jelisawetgrad aus dem XIV. Jahrh. (S. 166),
sieht man schon beide Personifikationen14);
einige Darstellungen aus dem Gemäldebereiche
des Berges Athos sind von Pokrowski be-
schrieben15). Daraus folgt, daß die beiden
Personifikationen der byzantinischen Kunst
gar nicht fremd waren und die Art der Dar-
stellung durch die männlichen Figuren, wie
das schon in dem Pariser Evangeliare Nr. 74
zum Vorschein kommt, als für diese Kunst
eigentümlich gelten muß. Indessen hinfällig
ist die Meinung Kraus', daß die byzantinischen
Darstellungen vielleicht aus den lateinischen
nachgebildet sind10). Was man behaupten
darf, ist höchstens die Wahrscheinlichkeit, daß
diese allegorischen Figuren durch die Ein-
wirkung der lateinischen Bilder von neuem
aufgelebt sind, ohne ihren morgenländischen
Charakter aufgegeben zu haben.

Der Einfluß des Abendlandes ist eher in
der Anhäufung von Personen und in der
Belebung der Szene, als in der Einführung
von Personifikationen zu sehen. In dem
Fresko zu Moldawitza fließt aus der Seiten-
wunde Blut und Wasser herab, ein älterer
Mann bemüht sich, den Kreuzesstamm durch
Pflöcke zu befestigen, rechts sieht man auf
dem Boden einen Korb mit Hammer und
Zangen und unter dem Kreuzfuß in einer
Höhle die Halbfigur Adams; zu beiden Seiten
des Bildes einige Soldaten. Alles ist schon
weit von dem Schema entfernt, welches uns
in dem Woronetzer Bilde entgegentritt, und
erinnert stark an den Figurenreichtum in den
okzidentalen Kreuzigungsbildern des späten
Mittelalters und der Renaissance.

Bedeutender läßt sich der abendländische
Einfluß in anderen Passionsszenen erkennen.
In der Szene des Gebetes Christi am ölberge
in Moldawitza wird dem Heiland von einem
Engel ein Kelch dargeboten; anders in den
älteren Bildern (vgl. Abb. 4). In der Kreuz-
tragung in derselben Kirche schreitet Christus
ohne Kreuz — dieses wird von Simon dem
Cyrenäer getragen — umgeben von Soldaten
zu Fuß und zu Pferd. In Homora spielt sich

") Pokrowski, > Das Evangelium» S. 328 —329.

15) Pokrowski, »Das Evangelium« S. 343; »Die
Wandmalereien, w. o. S. 220, 236» Eine kurze Er-
wähnung dieser Motive bei Brockhaus, »Die Kunst
in den Athos-Klöstern« S. 129, Anmerkung 2.

le) Kraus, »Geschichte der christlichen Kunst«

derselbe Vorgang in der Begleitung von Knech-
ten und Söldnern und bei Posaunenklang ab.
Ist schon die Führung des Heilands durch
Soldaten zu Pferd in der byzantinischen Kunst
ein neues ikonographisches Element, so muß
die Szene der bevorstehenden Annage-
lung Christi an das aufrecht stehende Kreuz
auch als neu angesehen werden. In Molda-
witza sieht man zwei Knechte die ans Kreuz
angelehnten Leitern hinaufsteigen und den
Erlöser mitschleppen; ein Knecht befestigt
den Kreuzesstamm, indem er Stützpflöcke
einschlägt, ein anderer hält die Leiter. Eine
ähnliche Szene gewahrt man auch in der
Woronetzer Kirche.

So stark der Einfluß der fremden Vor-
lagen sein mag, muß man auch zugestehen,
daß auf der anderen Seite noch die Über-
lieferung einen breiten Raum einnimmt und
Rahmen für diese Bilder schafft. Dazu kommt
aber der andere Umstand, auf den ich hier
abziele: es gibt unter den Bukowiner Wand-
malereien auch solche, die aus dem abend-
ländischen Bereiche in das Inventar der
byzantinischen Kunstübung übergegangen sind
und oft ohne wesentliche Änderungen aufge-
nommen wurden. Zu den Bildern duser Art
gehören: Krönung Maria in Suczawitza, Christus
im Grabe daselbst (und auch in anderen
Kirchen) und ein Martyrium in Badeutz, nach
dem Muster der Sebastianbilder gemalt.

Das erstere Thema, Krönung Maria,
ist auf abendländischem Boden entstanden
und aus dem abendländischen Geiste hervor-
gegangen. Es tritt ja hier schon im XII. Jahrh.
auf. Im XVI. Jahrh. zeigt die Bearbeitung
des Themas schon deutlich eine langjährige
Entwicklung und ist reich an Figuren und
ikonographischen Einzelheiten. Wir sehen
diese Komposition in den Ateliers der her-
vorragendsten Meister in mannigfacher Auf-
fassung entstehen, es gibt nahezu keinen
Maler, der sich nicht an diesem schönen
Thema betätigt hätte. Aus dem Kreise der
großen Kunst geht die Anregung in die
Werkstätten der zunftmäßig organisierten
Maler über. Es läßt sich im XV. und XVI.
Jahrh. eine beträchtliche Reihe von Werken
aufzählen, in denen die Krönung Maria zur
bildlichen Darstellung gelangte, und schon ein
flüchtiger Blick in das durch die Vereine und
Kommissionen für Denkmalpflege gesammelte
Material liefert zahlreiche Belege dafür, daß
 
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