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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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Arntz, Ludwig: Burg- und Schlosskapellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0197
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Nr. 11/12

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

177

^~

kT~:

1. Eingebaute Kapellen.

a) Wohnturm: Turmkapellen.

Der Ausgang fortschreitender Entwicklung liegt in der Wohnturmkapelle,
deren Einbau in den meist quadratischen oder nahezu quadratischen Wohnturm
im allgemeinen so angeordnet ist, daß der Zugang und der Aufgang zu den oberen
Geschossen in der starken Außenmauer entweder gradlinig oder gekrümmt aus-
gespart ist. Um Raum zu gewinnen, wird die Altarnische ausgespart, vorgekragt
oder vorgelegt. Die im ersten oder zweiten Geschoß angelegte, kreuzförmige
Wölbung war die Regel. Von dieser frühmittelalterlichen Turmkapelle, die sich
jedenfalls bis in den Anfang des XII. Jahrh., wenn nicht weiter zurückverfolgen
läßt, bietet ein Beispiel die im Grundriß abgebildete Kapelle (18,50 qm) im Kaiser-
turm der Burg Bocholt (Kreis Kempen). Vier Schildbögen fassen die Vierung
ein, die Altarwand ist nur teilweise erhalten (Abb. 1). Andere nahezu quadratische
Turmkapellen finden sich u. a. in Burg Heimersheim (Kreis Rheinbach),

Burg R h e l n f e 1 s bei St. Goar, Burg Bern-
stein (Kreis Schlettstadt) und Burg Hohen-
p f i r t (Kreis Altkirch). Den typischen Grund-
riß zeigt auch die Turmkapelle (15 qm) im ehe-
maligen Stiftshof Arnoldsweiler (Kreis
Düren), wie er bei zahlreichen Turmkapellen in
frühgegründeten rheinischen Stifts- und Pfarr-
höfen wiederkehrt, beispielsweise bei der qua-
dratischen, 15 qm großen Kapelle im oberen
Turmgeschoß der jetzigen Pfarrkirche W o 1 -
1 e r s h e i m (Kreis Düren), deren Gründung
ins XII. Jahrh. fällt. Während hier die Altar-
nische im Mauerwerk ausgespart ist, tritt sie z.B.
Burg Bocholt, Kaiserturm, in Oberdollendorf (Siegkreis) als vor-
springende Rundnische in die Erscheinung. An
diese erste Anlage der eingebauten Kapellentürme hat die spätere Bauentwicklung
nach einer oder anderen Richtung folgerichtig angeknüpft. Hier hat sich auch,
dank der kirchlichen Bestimmung, manche beachtenswerte Marke erhalten, die bei
weltlichen Burgbauten mehr oder weniger zerstört und verwischt worden ist. So
enthält beispielsweise der aus dem XI. Jahrh. stammende Westturm der Pfarr-
kirche zuBüttgen (Kreis Neuß) im ersten Obergeschoß eine auf quadratischem
Grund angelegte Kapelle, in deren Seiten, außer der Mittelöffnung, sieben halb-
runde Nischen ausgespart sind. In zwei Nischen mündet je ein gewundener
Treppenlauf, der zu dem Erdgeschoß bzw. den oberen Stockwerken führt. Die
den acht Ecken vorgelegten Dreiviertelsäulen entsprechen dem später (vor 1605)
beseitigten Klostergewölbe. Dieselbe aus der Vierung entwickelte achtseitige
Kuppelwölbung zeigt u. a. noch das eigenartige Obergeschoß im Westturm der
Jülicher Pfarrkirche2. Es macht sich frühzeitig eine zentrale Raum-
gestaltung auf quadratischer Grundlage bemerkbar.

Bei länglich-rechteckigen Wohntürmen von größerer Abmessung wird für
die Kapelle oft nur ein Teil des Innenraumes bestimmt, während der Neben-

tM-

Abb.l.

2 Vgl. Kunstdenkmäler der Rheinprovinz des Kreises Jülich.
 
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