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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Schneider, Franz: Theresienstift zu Listernohl
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0018

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

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geläufiger ist und von dem bauenden Publikum wie gesagt als haltbarer und vor-
nehmer angesehen wird, obwohl selbst ein architektonisch gut durchgebildetes
und ebenso solides Fachwerkhaus billiger würde.

Auf alle die konstruktiven und formalen Eigenarten der verschiedenen Holz-
baustile näher einzugehen, würde hier zu weit führen. Es sei nur das Haupt-
charaktenstikum der sächsischen Holzbauweise, welche sich über das nord-
westliche Deutschland, also auch über das Sauerland erstreckt, kurz erwähnt. Die
Grenze zwischen dem alten Sachsen- und Frankenlande kann man heute noch
leicht feststellen an der alten Bauweise der beiden Stämme, und sie fällt noch heute
mit der Sprachgrenze zusammen; sie verläuft in Westfalen in einer ungefähr ge-
raden Linie von Osten nach Westen über Kassel-Düsseldorf, im Regierungs-
bezirk Arnsberg nach Süden bis ins Siegerland ausbiegend, wo sich in der Gegend
von Siegen-Betzdorf-Wissen viele alte Bauernhäuser finden, die ihrer Grund-
rißanlage nach fränkisch sind, dagegen in ihrer Detailbehandlung der Holzarchi-
tektur starke sächsische Einflüsse zeigen. Als die markanteste Eigenart des alten
Sachsenhauses, wie es noch in vielen jüngeren Exemplaren erhalten ist, darf die
Einrichtung des Zusammenwohnens von Menschen und Vieh wie die Anord-
nung der Speicherräume unter einem Dache bezeichnet werden, während die
ältesten auf uns gekommenen fränkischen Anlagen für jeden der genannten Zwecke
ein besonderes Gebäude haben, so daß sich ein solches Gehöft aus Wohnhaus, Stall
und Scheune zusammensetzt. Die Anordnung der Viehställe zu beiden Seiten der
durch das große Einfahrtor von
außen kenntlichen langgestreck-
ten zweigeschossigen Eingangs-
halle des Sachsenhauses,
welch letztere gleichzeitig als
Dreschdehle und Futtergang
diente und unmittelbar mit der
Herdstelle (Fleet) und mit den
sich an diese anschließenden
Stuben in Zusammenhang stand,
war eine außerordentlich derbe
urwüchsige Art des Wohnens,
die den Eindruck erwecken kann,
als stelle sie noch das früheste
Stadium der Weiterentwicklung
der urgermanischen Hütte dar,
in welcher zur kalten Jahreszeit
Menschen und Vieh zusammen
um das in der Mitte angelegte
Herdfeuer lagerten. Erst später,
als den Menschen der Rauch
des Feuers wie der Geruch des
Viehes lästig wurden, sonderten
sie innerhalb der Hütte ihre
Wohnräume durch geflochtene

und mit Lehm beworfene Wände Abb. 8. Thercsienstift, Nördliche Seitenansicht.
 
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