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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Haupt, Richard: Reliquiengefässe aus Altären
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0040

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28

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 2/3

Im Dänischen ist der Behälter ausnahmslos aus Blei. Entweder ist er aus einem
Stück Bleiblech zusammengeschnitten und zusammengebogen, oder es ist das Käst-
chen und der Deckel, jeder Teil für sich, so hergestellt.

Blei war im ganzen Dänemark zwar als Bodenerzeugnis nicht zu finden, aber
es ward von außen her in großen Massen hereingebracht und gebraucht. Für die
Deckung der Kirchen kam ein anderer Stoff kaum in Betracht. Die Einfuhr für
diesen Behuf geschah natürlich aus England, und zwar von den ältesten Zeiten her,
wie denn überhaupt die Wurzeln der kirchlichen Baukunst dortigem, und nicht
deutschem Boden entsprossen sind. Die Überlieferung knüpft die Einfuhr an den
Namen des berühmtesten dänischen Herrschers, der auch England besessen hat,
Knuts des Großen, an (1014—1035); nach ihm wird Waldemar I. genannt (1 157
bis 1182), aber sie hat das ganze Mittelalter hindurch nicht aufgehört, und große
Massen wurden erfordert, als man um 1500 die Menge der Kirchtürme baute.

Abb. 4. Reliquienkrug zu
Busum in Ditlimarsthcn.

Abb. 5. RcliquieiiHasdie aus
Wittenburg.

Abb. 6. Reliquicnglas aus
Wismar.

Spätere Zeiten freilich lebten vielfach vom Raube der älteren; sie rissen sich —
eine Neigung, die noch heute dauert — den edlen Deckungsstoff von den Kirchen
herab und ersetzten ihn durch schlechteren. —

Blei war ferner, seiner Weiche und Dauerhaftigkeit wegen, der Stoff, in den
man im XII. und XIII. Jahrh. Schriften einritzte, die dauern sollten, namentlich
auch solche, die den Leichen beigegeben wurden. Aus Blei machte man ferner
Särge oder wenigstens eine Art davon, indem man mit dem dünne gegossenen Blei-
blech gemauerte Sarkophage ausschlug oder aus solchem Bleche die Umhüllungen
der Toten oder ihrer Reste zusammenbog. Das geschah natürlich nur für Hoch-
geehrte.

So kommt es denn, daß man auch für die Gebeine der Heiligen, samt den bei-
zugebenden Urkunden, solcherlei Bleikästchen nahm und die Reliquien so in den
Altären beisetzte. Dies Verfahren war so allgemein, daß überhaupt kein Fund oder
Beispiel anderer Art aus Dänemark bekannt ist. So gilt es natürlich auch für den
Bereich des Bistums Schleswig. Das Herzogtum Schleswig umfaßte daneben auch
Teile des Ripischen Bistums und des Fühnischen (zu Odensee war dessen Sitz).
 
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