Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

DOI Artikel:
Escherich, Mela: Studien zur seeschwäbischen Malerei
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0049

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 2 3 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 37

gebirgiger Hintergrund. Die deutsche Kunst hat aus so früher Zeit sonst keine
Landschaft aufzuweisen.

In der nun folgenden Gruppe der seeschwäbischen Kunst (Tafel-, Buch- und
Glasmalerei) wird es uns gelingen, eine gewisse Entwicklung verfolgen zu können.

Kreuzigung. Sammlung Schnütgen, Köln. Um die Wende des XIV. Jahr-
hunderts. Goldgrund. Werk eines bedeutenden Meisters, besonders die Madonna
hervorragend schön. Suggestive Karfreitagsstimmung, Reflex der Klagen, die in
den Kirchen von jungen, als Maria und Johannes gekleideten Klerikern unterm
Kreuz gesprochen oder gesungen wurden. Die Madonna ganz Gewandfigur,
Hände und Füße verhüllt. Der Mantel fällt in schönem Wellenmotiv. Bei Jo-
hannes sind die nackten Füße sichtbar. Die Hände, ebenfalls verhüllt, hebt er
ähnlich wie oft die weinende Frau Sonne, an die tränenüberströmten Wangen.
Bereits Joseph Sauer7 sieht in dem Meister einen Vorläufer des Konrad Witz.

Christi Geburt und Anbetung der Könige. Zwei Flügel.
Außen Maria Verkündigung8. Erzbischöfliches Museum, Utrecht. Um 1400.
Auf der „Geburt" ist der offene Stallbau, Dach auf vier Stützen, schräge in das
Bild gestellt. In derselben Richtung steht darin die Krippe und liegt daneben
auf einer Strohmatte die Gottesgebärerm mit ihrem Kindlein. Durch die schräge
Lage ist eine große, fast klassische Wirkung des langhingestreckten ruhenden
Körpers der Madonna erzielt. Das Gewand breitet sich in einheitlicher Masse,
der Formen atmendes Leben durchfühlen lassend. Wir haben in der kölnischen
Schule, der dieses Werk bis jetzt unbestritten zugeteilt war, aus dieser Zeit keine
so bedeutende Frauengestalt. Auch für die Diagonalstellung des Lagers, die nicht
willkürlich, sondern bestimmend für die ganze Komposition und Wirkung des
Bildes ist, findet sich am Niederrhein kein Beispiel. Neben dem Lager stehen
Krüge; an einem Pfosten hängt eine faßartige Reiseflasche. Vorn sitzt Joseph
und kocht ein Müslein. Rechts im Hintergrund steht eine große Weide, unter
der ein Hirt die Engelsbotschaft empfängt.

Auf der „Anbetung der Könige" sitzt Maria links auf einem Thron, dessen
Rückwandbehang der dahinter stehende Joseph beiseite schiebt, um neugierig
hervorzulugen. Von rechts treten die Könige heran. Bedeutende, sich ein-
prägende Erscheinungen, besonders diejenige des zweiten Königs.

Es ist immer ein Wagnis, ein einmal eingegliedertes Stück aus seinem Ver-
band zu lösen. Doch scheinen mir für die Zuweisung in die Kölner Schule keine
zwingenden Gründe vorzuliegen. Weit besser fügt sich das Werk in seinem
großen Pathos zwischen die Kreuzigung der Sammlung Schnütgen und die
Wandgemälde der Augustinerkirche zu Konstanz.

Passion". 6 Tafeln (wahrscheinlich ursprünglich 12), Tempera auf Fich-
tenholz, 78 X 57 cm, Georgianum, München. Aus Bregenz stammend. Schlanke,
lange Gestalten, lichte Farben. Zaddeltracht. Der (vielleicht italienisch beein-
flußten) Architektur fällt eine große Rolle zu. Die Szenen Christus vor Kaiphas,

7 Joseph Sauer, Eine Kreuzigungsdarstellung der Samml. Schnütgen. Zeitschr.
b ehr. K. 1912. S. 58.

8 Scheibler-Aldenhoven, Geschichte der Kölner Malerschule. Publik, d.
Ges. f. rhein. Gesch. Bd. XIII. 1902.

" J. Braune, Beiträge z. Malerei des Bodenseegebiets im XV. Jahrh. Münch. Jahrb.
d. bild. K. 1907, II.
 
Annotationen