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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Escherich, Mela: Studien zur seeschwäbischen Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0053

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Nr. 2/3___________ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.____________41

Passion Christi. Zwei Tafeln mit je sechs Szenen. Kunstsammlung,
Basel. Um 1430. Die Bilder sind je in zwei Reihen übereinander geordnet. Schlichte
ernste Auffassung. „Grablegung" ähnlich jener im Kaiser-Friedrich-Museum.
Im Baseler Katalog als „Oberdeutsche Schule" bezeichnet. Verwandt mit den
etwas älteren Wandgemälden der Kirche in M a r k d o r f (b. Meersburg), wo
zehn Passionsszenen in zwei Reihen dargestellt sind. Feiner flüssiger Stil. Gute
Figurenverteilung. Bei der Geißelung steht Christus statt an einer Säule in einem
architektonischen Gehäus.

Wir können in der bis jetzt betrachteten Gruppe gewisse Eigenarten ver-
folgen: Streben nach Großzügigkeit, das sich selbst bei sehr kleinem Format
(Schnütgen-Kreuzigung) durchsetzt; entschlossenes Manövrieren mit perspek-
tivischen Problemen, das einerseits zu einer glänzenden Entwicklung der Land-
schaftsmalerei, anderseits zu besonderen Linearkonstruktionen (Diagonalsystem)
führt; endlich eine Neigung, die einzelnen Figuren mit besonderer Betonung
aus dem Raum herauszuarbeiten (Fenster in Ravensburg, Enskirch; Anbetung
der Könige im Münchener Nationalmuseum). Dazu kommt ein sicheres Farben-
gefühl, das allen diesen Meistern in hohem Maße eigen ist.

Noch ein Schritt weiter: die Gestalten, bisher schon eigenartig betont, werden
persönlich fesselnd, die Monumentalität überträgt sich auf die Landschaft, das
konstruktive Gefühl wird sicher, die Farben gelangen zu einer bisher ungeahnten
Leuchtkraft. Wir sind bei K o n r a d Witz.

Mit ihm ist die Höhe erreicht.

Neben ihm leuchtet — bis jetzt leider nur kurz — LukasMoser auf.
Moser, „maier von wil", möglicherweise aber geborener Ulmer; denn 1401 wurde
ein Hans Moser (sein Vater?) in Ulm Bürgerund 1417—21 wird ein „meister
Lucas" im Ulmer Hüttenbuch öfters genannt. 1421 erhält dieser Auftrag, für das
Münster ein großes Gemälde zu fertigen15. Moser muß in den zwanziger Jahren
in Konstanz gelebt haben. Die Seelandschaft ist ein unweit von Konstanz, etwa
bei Mammern, am Zellersee entstandenes Landschaftsporträt, gleichzeitig ent-
standen mit des Konrad Witz „Christophorus". Witz hat in der Anordnung —
drei Schiffe im Hintergrund — einiges von Moser übernommen.

Wir wenden uns jetzt zu einer anderen Gruppe.

Maria in den Erdbeeren. Städtisches Museum, Solothurn. Um
1425. Entspricht bereits dem Stil von Lochners Madonna mit dem Veilchen.
Freude an schmückenden Einzelheiten: die reiche Krone der Madonna, das bunt-
gemusterte Krüglein des Kindes, die vielen Blumen und Vögel. Anhäufen von
bunten Dingen um ihrer Farben willen.

Paradiesgärtlein. Stadt. Hist. Museum, Frankfurt. Dem Vorigen
sehr nahe verwandt. Heidnch"1 bezeichnete es als mittelrheinisch, um 1420, sah
aber in den Heiligen Dorothea und Martha Vorläuferinnen der Gestalten Mosers.
Die Anhäufung von Blumen ist hier noch gesteigert. Durch die Winzigheit des
Formates verengert sich die Buntheit zu einer emailartigen Wirkung.

16 C. Habicht, ReP. f. K. XXXV, 65. 1912.
10 E. H e i d r i c h , Die altd. Malerei. Jena 1909.
 
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