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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Arntz, Ludwig: Der Feldaltar in Vergangenheit und Gegenwart (mit Tafel 8)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0110

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92

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 6

(Vergl. Abb. 1.) Unterhalb dieses verehrungswürdigen Feldzeichens (labarum)
vollzog sich auch das christliche Opfer auf dem hölzernen Feldaltar, den der Kaiser
auf seinen Kriegszügen mit sich führte. Er bediente sich dabei eines Zeltes oder
einer halb offenen Hütte in Form eines kleinen, überdachten Kapellenraumes
(tabernaculum), „damit er und seine Soldaten Gott loben, Gebete verrichten und
an den heiligen Geheimnissen teilnehmen könnten". Wir dürfen uns dieses Feld-
heihgtum als einen die Banner und Fahnen umschließenden, im Bedarfsfall durch
Stützen geteilten Raum vorstellen, in dessen Mitte — etwa nach dem Vorbild fester
Steinaltäre — der freistehende Altartisch auf kantigen oder runden Stützen auf-
geschlagen und in üblicher Weise mit Kränzen und Blumengewinden festlich
geschmückt wurde. Dieser von Konstantin eingebürgerte Gebrauch erhielt sich
auch unter seinen Nachfolgern und wurde entsprechend erweitert; wie ausdrück-
lich bezeugt wird, hat die von Hadrian geschaffene leichte Grenztruppenformation
der Numeri ihr eigenes Tabernakel errichtet und mitgeführt. Nach überlieferten
Steindenkmälern darf man vermuten, daß vom IV.—VI. Jahrh. der Feldaltar-
körper entweder aus rechteckiger, runder oder halbrunder Tischplatte bestand
und durch vier oder drei Pfosten, auch wohl einen Mittelpfosten gestützt wurde.
Die Bekleidung der Tischplatte und der Stützen mit Metall hat wohl die Regel
gebildet, wozu zur Steigerung der Wirkung teilweise Vergoldung und Steinschmuck
hinzutreten mochte. Die rechteckige Tischplatte mit dem eingelegten Weihestein
hat man wohl frühzeitig auch mit einem aufklappbaren Deckel versehen, der als
Rückwand (retabulum) des Altares dienen konnte. Verschieden davon war jeden-
falls die Ausbildung der runden Altarplatte (orbiculus), bei der ein abnehmbarer,
hochgewölbter Deckel zur Aufnahme von Kelch und Patene zweckmäßig sich
erwies. Jedenfalls wurde bei der einen oder anderen Einrichtung auf die bequeme
und sichere Unterbringung der Altargeräte (außer Kelch und Patene, Hostien-
behälter und heiliger Speer) Bedacht genommen, womit der Formgebung be-
stimmte Richtungshnien vorgezeichnet waren. Unter diesem Gesichtspunkt
gewinnt besondere Bedeutung die Nachricht des Fredegar, daß der römische
Feldherr Aetius nach der gewaltigen Völkerschlacht auf den Katalaunischen
Gefilden (451) dem verbündeten jungen König der Westgoten, Thonsmund, ein
500 Pfund schweres Missonum, d. h. einen runden Feldaltar mit Meßgerät
(orbiculus) verehrt habe, vermutlich ein überaus wertvolles, dem Hunnenkönig
entrissenes Beutestück unbekannter Herkunft. Dieses von den Westgoten sorgfäl-
tig gehütete Heiligtum hat letztere auf allen späteren Kriegszügen begleitet, auch
in die entscheidende Schlacht bei la Xeres de la Frontera (711), wo es von dem
überlebenden Rest des geschlagenen Heeres in das nordspanische Gebirge (montes
salvationes) gerettet wurde, schließlich aber doch in den Besitz der Araber überging.
Über die Gestalt dieses von der Gralsage später verherrlichten Heiligtums fehlt
uns jede bestimmte Nachricht; möglich, daß die runde, aus edlem Metall kunst-
voll gearbeitete Platte, Schale der Altarschüssel, in einem entsprechenden kugel-
oder kegelförmigen Aufbau den kostbaren Opferkelch barg und nach Art einer
Sänfte im Feld mitgeführt wurde — eine Tragweise, die uns auf frühchristlichen
Abbildungen häufig begegnet.

Kaum sicherer unterrichtet sind wir über die Form und Einrichtung des
Feldaltares bei den anderen germanischen Völkern, welche das kunstgeschicht-
hche Erbe der Römerzeit in Westeuropa antraten. Jedenfalls hat im merowin-
 
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