Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

DOI Artikel:
Neuss, Wilhelm: Ikonographische Studien zu den Kölner Werken der altchristlichen Kunst, [1] (mit Tafel 9)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0127

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
108

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 7

Kisten, die noch fest verschlossen war, fand sich die Schale nebst anderen Glas-
resten und einer Muschel. Leider sagt Düntzer nicht, woher er diese Kenntnis
hat. Die Unzuverlässigkeit so mancher von den Arbeitern gemachten Fundangaben
hat schon Kisa- und diesem folgend Poppelreuter5 immerhin Bedenken gegen den
Fundbericht eingeflößt.

Obwohl das Glas seiner hohen Bedeutung entsprechend oft erwähnt worden
ist, so hat man bisher weder die Zeit seiner Entstehung mit Sicherheit bestimmen
können noch eine ikonographisch hinreichende oder nur in allem richtige Erklä-
rung seiner Bilder gegeben. Düntzer nahm die Mitte der III. Jahrh., die Zeit des
Postumus (259—268) an', ihm folgte Heuser", Dalton denkt an das ausgehende
III. oder beginnende IV.6, Vopel an die Mitte des IV. Jahrh.7, was Reil über-
nimmt. Klinkenberg spricht vom IV. Jahrh. ohne nähere Einschränkung8,
während Kisa zuletzt sich für das IV. Jahrh. ausgesprochen hat, früher aber in
die erste Hälfte des III. hinaufging", Poppelreuter noch jetzt, wenn ich ihn recht
verstehe, an den Anfang des III. Jahrh. denkt, weil „ein so guter Stand des Figür-
lichen im weiter fortgeschrittenen III. Jahrh. nicht mehr anzunehmen" ist1".
Er kann sich zwar nicht verhehlen, daß die Form der Schale gegen eine so frühe
Zeit zu sprechen scheint, da sie im übrigen im Bereich der Turfsteinkistenbestattung
nicht nachzuweisen, bei bestatteten Leichen dagegen häufiger ist. Ich möchte
meine Ansicht erst zum Schlüsse der ikonographischen Untersuchung aussprechen.

Nach einigen Schwankungen haben die meisten sich auf folgende Deutung der
Randbilder geeinigt: Daniel in der Löwengrube, die drei Jünglinge im Feuerofen,
die Heilung des Blindgeborenen, Susanna, der geheilte Gichtbrüchige, Ezechiels
Vision von der Erweckung der Gebeine und die Jonasgeschichte in zwei Feldern.
Ich beginne die Reihenfolge mit Daniel, weil ich von der Szene zu Häupten des
ehemaligen Mittelbildes den Ausgang nehme.

Das Mittelfeld ist bis auf die untere Hälfte einer Tierzeichnung, und zwei
Inschriftreste zerstört, die schon Düntzer zu [VIVAS IN D]EO DVLCIfS]
ergänzt hat. Vielleicht hat noch der Name dessen, dem der Wunsch galt, links
gestanden.

Ich glaube, daß man auf Grund des erhaltenen Glieder des Tieres doch noch
mit ziemlicher Sicherheit die Mitteldarstellung ergänzen kann. Wir haben die Beine
eines Lammes oder Schafes vor uns. Da der Raum weiter nach rechts frei war
und für die Schrift Platz bot, so muß das Tier einer Gruppe angehört haben,
deren Mittelpunkt links lag, wo sich auch noch dunkler Hintergrund findet.
M. E. gibt es nur eine Szene, in die unsere Figur hineinpaßt: den guten Hirten
mit je einem von ihm wegschreitenden aber den Kopf ihm zuwendenden Schafe.
Die ausbiegenden Linien rechts neben den Füßen des Schafes würden dann
vermutlich von einem Baume herrühren, der hier wie auf der anderen Seite nach

" Gläser vom Rath S. 96 und das Glas im Altertume III, 878 ff.

8 B. J. 114/115, 372. - ■ B. J. 42, 178.

5 Artikel Glasgefäße bei Kraus, Realenzyklopädie I, 620; Kraus selbst vermeidet Gesch.
d. christl. Kunst I, 481 ein Urteil.

8 Catalogue of early chnstian antiquities . . . of the British Museum, London 1901,
S. 126. Ihm folgt Leclercq.

' Die altchristlichen Goldgläser, Freiburg 1899, S. 74. — s a. a. O. S. 273.

' Das Glas im Altertume S. 877 f.; vgl. dagegen Gläser vom Rath S. 96.

1,1 B. J. 114/115, S. 372.
 
Annotationen