Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

DOI article:
Neuss, Wilhelm: Ikonographische Studien zu den Kölner Werken der altchristlichen Kunst, [1] (mit Tafel 9)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0137

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
118

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 7



Abb. 2.

Sarkopbag des Lat. Mus. Nr. 180.

ihm den Auftrag zur Belebung der Gebeine gibt'7. Es ist ganz die Auffassung
des Epiphanius. Die einzelnen Akte der Vision führt eine große ganzseitige
Miniatur in dem bekannten Pariser Gregorkodex des IX. Jahrh. vor. Michael,
der Patron des jüdischen Volkes, führt hier den Propheten'*. Daß wir es aber mit
Typen und nicht mit zufälligen Einzelleitungen zu tun haben, das wird uns
klar, wenn wir die Anordnung der Elfenbeintafel in der von Byzanz abhängigen
sog. Gumpertsbibel zu Erlangen aus der Salzburger Schule'" und die des Gregor-
kodex in der von der byzantischen Kunst gleichfalls stark beeinflußten Bibel von
Farfa der vatikanischen Bibliothek"", einem der merkwürdigsten Erzeugnisse der
frühkatalanischen Buchmalerei, getreu wiederfinden.

All diesen Typen steht ein anders gearteter römisch-abendländischer scharf
gegenüber. Anscheinend hat man im Abendlande die Vision früher und häufiger
dargestellt, immer aber so, daß Christus die Erweckung der Gebeine nach der
Schilderung des Propheten vollzieht. Der Prophet selbst scheidet aus. Sechs
römischeSarkophage(Abb.2)und einer im spanischen Gerona enthalten diese Szene;
auf zwei weiteren ist sie, wiederum entsprechend einer beliebten theologischen
Vorstellung, mit der Erweckung des Lazarus verschmolzen"1. Alle entstammen
der Zeit von der zweiten Hälfte des IV. bis zum Anfang des V. Jahrh. Nur weil
man auf die abendländische Auffassung der Vision nicht geachtet hatte, konnte
man die ezechiehsche Deutung einzelner Reliefs anzweifeln oder ablehnen."2 So

67 D a 1 t o n , Catalogue Nr. 299 u. pl. XI. Vgl. H. Graeven, Ein Elfenbeinkästchen
aus Pirano, Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses XX,
Wien 1899, Fig. 4, und: Das Buch Ezechiel . . S. 180 ff. u. Taf. VI. Graeven deutete die Dar-
stellung irrig als Hadesfahrt Christi.

"8 Bibl. nat. Ms. grec 510 fol. 438v. Die Miniatur ist mehrfach abgebildet worden; siehe
das Buch Ezechiel . . S. 185 ff. u. Fig. 25.

59 Erlangen, Universitätsbibliothek 568 fol. 210v; abgebildet bei G. S w a r z e n s k i , Die
Salzburger Buchmalerei, Leipzig 1908, Fig. 114; vgl. das Buch Ezechiel . . S. 261 f. u. Fig. 67.

60 Cod. Vat. lat. 5729. Die Hs. ist kurz beschrieben, aber irrig als italienische Arbeit an-
gesehen worden von St. B e i s s e 1 , Vatikanische Miniaturen, Freiburg i. B. 1893, S. 29 ff.
Über ihre Verwandtschaft mit der katalanischen sogen. Bibel von Rosas, Paris, Bibl. nat.
lat. 6 siehe: Das Buch Ezechiel . . S. 217 ff.; dort auch die Abbildung der fraglichen Miniatur
Fig. 40. Über die Oktateuchbilder der Hs. hat neuerdings gehandelt Joseph Pijoan:
Les miniatures de l'octateuch a les bibhes romamques catalanes, Institut d Estudis Catalans,
Anuari 1911 — 12, Barcelona 1913, S. 475 ff.

111 Das Buch Ezechiel . . S. 71, 89 u. 148 f.; Fig. 2—8.

n- SoOrazioMarucchi in dem Text zu dem großen Abbildungswerk: I Monu-
menti del Museo Cristiano Pio-Lateranense, Mailand 1910. Abb. 2 nach Marucchi tav. 312.
 
Annotationen