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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Neuss, Wilhelm: Ikonographische Studien zu den Kölner Werken der altchristlichen Kunst, [1] (mit Tafel 9)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0141

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 7

dadurch nicht viel einfacher; denn selbst ein heidnisches Brandgrab wäre in Köln
zu der Zeit, in der unsere Schale allerfrühestens entstanden sein kann, höchst
merkwürdig. Kisa hat deshalb für den Fall, daß Düntzers Bericht stimmen sollte,
darauf hingewiesen, daß der Bericht nichts von Gebeinresten sagt, die sich in der
Steinkiste gefunden hätten, und glaubt, es handle sich gar nicht um eine Aschen-
kiste sondern um einen eigenen steinernen Behälter für Totenbeigaben, der zu
dem benachbarten Skelettgrabe gehört habe7". Recht einleuchtend ist diese Er-
klärung auch nicht, da eine derartige Unterbringung der Beigaben außerhalb des
Sarkophages sonst nicht bekannt und auch innerlich unwahrscheinlich ist. Ich
weiß nicht, ob sich über die Fundverhältnisse heute noch mehr Klarheit erzielen
läßt; jedenfalls können wir kein Urteil über die Zeit der Entstehung des Glases
auf die Fundüberlieferung aufbauen.

Wenden wir zum Schluß unsern Blick noch zwei Ergebnissen von allgemeiner
Bedeutung zu, einem kunstgeschichthchen und einem kirchengeschichtlichen
Die Kölner Schale zeigt deutlich, wie viel mehr die altchnstliche Kunst an Bild-
formen besaß, als die in Rom erhaltenen Denkmäler ahnen lassen. Dort, wo der
Bilderschatz am reichsten war, in Syrien und Ägypten, haben die Stürme der
Zeiten fast alles verweht. Glücklicherweise ist vieles, was ins Abendland ver-
schlagen worden war, wieder als Erzeugnis dieser Gegenden erkannt worden.
Manchen Aufschluß hat auch die jüngere Schwester der syro-ägyptischen Kunst,
die byzantinische, anderen ihr armer verkümmerter Sprößling, die koptische,
gegeben. Sehen wir aber schärfer zu, so läßt sich auch noch vieles aus der römi-
schen Provinzialkunst erschließen. Die Betrachtung der anderen altchnsthchen
Denkmäler Kölns wird das noch deutlicher machen.

Für die Kirchengeschichte Kölns und der Rheinlande entnehmen wir unserm
Glase willkommene Andeutungen über das religiöse Leben und seine Beziehungen
nach auswärts. Wir sehen, daß die volkstümlichen sotenologischen, vielleicht
auch exorzistischen Gebete hier im Norden des römischen Reiches nicht
unbekannt waren und daß die Verehrung der hl. Thekla um das Jahr 300 bis
hierhin vorgedrungen war. Wir empfangen den Eindruck, daß die Kölner Christen
keine arme und gedrückte, sondern eine, wenn auch vielleicht noch kleine, so doch
frisch aufstrebende Gemeinde darstellten. Lebhaft müssen die Beziehungen
gewesen sein, die sie mit den Christen Galliens und auch mit denen des fernen
Orients verbanden. Man sieht, es ist kein Zufall, wenn uns die erste sichere Kunde
von den Kirchen Germaniens bei Irenäus, dem großen Bischof von Lyon, begegnet.
So ist das Goldglas ein unschätzbares Kleinod für die Geschichte des Christen-
tums in Köln. Um so schmerzlicher beklagen wir es, daß es mit so vielen andern
Kölner Kleinodien dieser Zeit nach — England hat wandern müssen.
Köln. W.Neuß.

:- Das Glas im Altertume, III, 789 f.
 
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