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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Neuss, Wilhelm: Ikonographische Studien zu den Kölner Werken der altchristlichen Kunst, [1] (mit Tafel 9)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0140

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Nr. 7 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. \2\

Jünglingen, Daniel und Thekla, weisen die Spuren vergleichbarer Darstellungen
nach dem Orient, näherhin dem Anscheine nach gen Alexandnen7", bei Daniel
und Thekla auch auf den Weg: über Gallien. Das Ezechielbild ist in dieser
Form ausgeprägt abendländisch, die Jonasbilder, die Heilung des Blinden und
der geheilte Gichtbrüchige samt dem zu ergänzenden Mittelbilde passen wenig-
stens durchaus zu den bekannten römischen Typen.

Aus alledem läßt sich zunächst mit Sicherheit erschließen, was ja auch
ohnehin wahrscheinlich ist, daß unsere Schale nicht von Rom her eingeführt
worden sein kann. Da in Gallien keine Stadt war, deren Glasindustrie der Kölner
gleich oder überlegen gewesen wäre, so ist es ebensowenig wahrscheinlich, daß
sie von dort gekommen ist. Auch Alexandnen, die Heimat der Glaskunst, ist
ausgeschlossen. Wir haben es mit dem Werke eines Kölner Künstlers zu tun.
Fragen wir jedoch, woher er seine Vorlage oder seine Vorlagen hatte, so werden
wir nach Gallien gewiesen. Nur dort kann man sich eine derartige Mischung
abendländischer und orientalischer Motive vorstellen.

Hinsichtlich der Entstehungszeit verbietet uns die ikonographische Unter-
suchung zu weit hinauf zu gehen. Die erste Hälfte oder gar der Anfang des
III. Jahrh. ist ausgeschlossen. Das Bild Daniels gehört, wie wir sahen, sicher, das
der drei Jünglinge höchst wahrscheinlich einer späteren Entwicklung an, ein
Theklabild kann in Köln nicht auftauchen, zumal nicht als Glied eines derartigen
Zyklus, nachdem eben erst im Oriente die Theklaakten entstanden waren71. Ebenso
wäre das Ezechielbild in seiner bestimmten abendländischen Ausprägung und
im Rahmen des Gebetszyklus um diese Zeit unverständlich, anderthalb Jahr-
hunderte allen andern im Abendlande voraus! Man wird daher bei dem IV. Jahrh.
stehen bleiben müssen. Andererseits wird man auch nicht tief ins IV. Jahrh.
hinabgehen können. Mit Recht haben Kisa und Poppelreuter auf die edle Ein-
fachheit der Zeichnung hingewiesen. Man kann hinzufügen, daß die Jonasbilder,
die des Gichtbrüchigen und der Heilung des Blindgeborenen durchaus den
römischen des III., ja teilweise des II. Jahrh. verwandt sind und daß die sehr
sorgfältig behandelte Tracht der entspricht, die uns auf römischen Fresken des

III. Jahrh. begegnet. Die Erklärung kann nur in dem Einfluß guter älterer Vor-
lagen gefunden werden. Ich möchte mich demnach für die erste Hälfte des

IV. Jahrh. entscheiden.

Gegen dieses Ergebnis kann auch der Fundbericht Düntzers nicht entscheiden.
Ich habe schon darauf hingewiesen, daß Düntzer uns nicht sagt, ob er selbst
Augenzeuge des Fundes war oder sich auf fremde Mitteilung verlassen hat. Im
letzteren Falle ist ein Irrtum sehr wohl möglich. Düntzer selbst hat sich über
die Schwierigkeit eines christlichen Brandgrabes dadurch hinwegzuhelfen gesucht,
daß er annahm, die Schale sei von christlicher Seite der Asche einer Heidin, die
vielleicht dem Chnstentume zugeneigt war, beigegeben worden. Die Sache wird

70 Damit soll nicht gesagt sein, daß Alexandrien der Ursprung sei. Die Cyprianslegende
und der Theklakult führen letzten Endes nach Syrien; hier fehlen nur einstweilen alle Ver-
gleichsobjekte.

71 Holzhey zeigt S. 34 ff. mit guten Gründen, daß eine vor den Akten bestehende Tra-
dition nicht anzunehmen ist. Man beachte auch, daß uns die ersten literarischen Zeugnisse
über den Theklakult in Gallien nur bis zum Ende des IV. Jahrh. führen. Nach Sulpicius
Severus hatte Martin von Tours eine Erscheinung der hl. Agnes, Thekla und Maria.
 
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