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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Arntz, Ludwig: Mittelalterliche Feldzeichen (mit Tafel 13)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0189

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166

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr

Zeughäuser gingen ebenfalls unersetzliche Denkzeichen deutscher Kulturge-
schichte verloren. Noch im Jahre 1760 haben die Russen das preussisch-branden-
burgische Zeughaus in Berlin gründlich geplündert, und im Jahre 1806 sind die
Franzosen ihrem Beispiel gefolgt und haben nur versehentlich einige österreichische
Fahnen dort gelassen.1 So erklärt es sich unschwer, weshalb die größeren kriegs-
geschichthchen Sammlungen in Deutschland so wenige aus dem Mittelalter stam-
mende Feldzeichen noch aufzuweisen haben. Eine Anzahl wertvoller Stücke hat
sich ab und zu noch in den einen oder anderen Kirchenschatz oder in kleinere
kultur- oder ortsgeschichthche Museen bis auf unsere Tage gerettet.

In entschieden glücklicherer Lage sind die schweizerischen Hauptstädte dem
Schicksal feindlicher Plünderungen entgangen: die Zeughäuser in Solothurn,
Luzern, Basel, Freiburg l. U., Bern und Zürich haben noch verhältnismäßig be-
deutende Bestände, zum Teil in wohlerhaltenem Zustand, in Verwahr. So be-
sitzt das historische Museum in Bern allein etwa 150 alte Kriegsfahnen, von denen
zwei Drittel dem XV., XVI. und XVII. Jahrh. entstammen. Eine der reichhal-
tigsten Sammlungen ist ebenfalls in dem schweizerischen Landesmuseum in
Zürich vereinigt. Darunter sind einige Kriegsfahnen, die noch ins XIV. Jahr-
zurückgehen, Züricher Banner in vorzüglicher Erhaltung, nachweislich aus dem
Jahre 1437, sowie auch einige der großen Landsknechtsfahnen vom Ende des
XV. Jahrh. Durch diese Bestände können wir uns nicht nur über bestimmte
Formen der Feldzeichen, sondern auch über die angewandte Stoffbehandlung
unterrichten. Eine wertvolle Ergänzung der wirklichen Feldzeichen sind alte
Fahnenbücher, welche eroberte Banner getreulich verzeichnen, und die uns über
Form und Farben Kunde geben, auch wenn die Urbilder längst verschwunden
sind. Hierher zählt auch das handschriftliche Bannerverzeichnis (bandena Prute-
norum vom Jahre 1448), in welchem der Krakauer Domherr Johann Dfugosz durch
den Maler Stanislaus Durink, 56 von den Polen erbeutete Banner und Renn-
fahnen des Deutschen Ordens abbilden ließ-'. Ohne zutreffende Abbildungen
sind zeitgenössische Beschreibungen keine unbedingt sicheren Hilfsmittel der
Forschung. Es ist daher bei dem jetzigen Stande des literarischen Nachweises
schon schwierig, einen allgemeinen Überblick über die in deutschen Sammlungen
noch vorhandenen Feldzeichen zu gewinnen, falls zuverlässige Verzeichnisse mit
Abbildungen fehlen, oder nicht zugänglich sind. Um so verdienstlicher erscheint
ein im schweizerischen Landesmuseum befindliches Verzeichnis mit Bildern,
welches seiner Zeit der schweizerische Generalstab von sämtlichen, in Zeughäusern
und Sammlungen erhalten gebliebenen Kriegsfahnen aufgenommen hat; außer-
dem ist ein neues Fahnenbuch, welches anschaulich die ältesten und bemerkens-
wertesten Stücke der Züricher Sammlung wiedergeben soll, von der Direktion
in vorbildlicher Weise angelegt worden3. Eine quellenkundige Aufzeichnung
überlieferter Feldzeichen hat schon Bock in seiner Paramentik (3. Teil) angeregt.
Einschlägige und verwandte Forschungsgebiete sind auch in dieser Zeitschrift
wiederholt behandelt und in ihren kulturgeschichtlichen Beziehungen aufgedeckt
und erschlossen worden4.

1 E. v. U bisch: Alte Fahnen und ihre Erhaltung.

- Vgl. Scnptores Rerum Prussicarum, I. Bd.

:l Nach Mitteilung von Professor Dr. Lehmann in Zürich.

' Vgl. Zschr. f. ehr. Kunst: Die Ratsfahne im Dom zu Erfurt 1894 S. 205 u. f. Hoch-
 
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