Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

DOI article:
Strzygowski, Josef: Der Ursprung des Trikonchen Kirchenbaues (mit Tafel 14)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0206

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
182

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 12

Da muß zunächst darauf aufmerksam gemacht werden, daß es sich bei den
tnkonchen Kirchenbauten immer um Innenräume handelt, alle vom Hoftypus
ausgehenden Parallelen aus dem Spiele bleiben sollten. Man darf also nicht den
kleeblattförmigen Hof in der Villa Hadnana bei Rom oder die Stoa desselben
Kaisers in Athen bei der Untersuchung in eine Linie mit den Innenräumen
stellen. Und auch, wenn so die erste Abgrenzung vorgenommen ist, müssen noch
immer drei Gruppen von Innenräumen geschieden werden, holzgedeckte, ge-
wölbte und unter letzteren solche, die mit einem Kreuzgewölbe überdeckt sind,
und solche, die eine Kuppel tragen. Für S. Maria im Kapitol kommen nur
Kuppel bauten in Betracht und ich will der Kürze halber in diesem Aufsatze
auch nur sie heranziehen. Treffe ich doch damit ohnehin den Kern der Frage.
Es ist die Kuppel, die in erster Linie zum Entstehen tnkoncher Bauten geführt
hat, und zwar die Kuppel auf quadratischer Grundlage. Das ist die erste Tat-
sache, die merkwürdigerweise von der bisherigen Forschung übersehen wurde.

Im vorderen Orient läuft etwa in der geographischen Länge des Kaspischen
Meeres, stellenweise übergreifend bis in das Zweistromland, eine Grenze für die
Form des Hausbaues. Westlich hat man das Haus mit Holzdach gebaut und es ist dort
allmählich als Haus des Gottes der griechische Tempel daraus entstanden. Öst-
lich war von altersher das aus luftgetrockneten Ziegeln erbaute Kuppelhaus auf
quadratischer Grundlage bis auf den heutigen Tag die ausschlaggebende Bau-
form. Man lese nach, was ich darüber in der Zeitschrift für Geschichte der Archi-
tektur 1915 16 („Entstehung der Kreuzkuppelkirche") sage, und mache sich an
der Hand von Flandin et Coste, Voyage en Perse, oder Dieulafoy, L'art antique
de la Perse, eine Vorstellung von der Erscheinung eines solchen iranischen
Dorfes. Immer sieht man eine endlose Agglomeration einzelner Kuppeln, wie
sie schon auf dem bekannten Relief von Ninive vorkommt.

Diese Hausform ist nun in Gebieten, die bis jetzt von der altchristlichen
Kunstforschung völlig unbeachtet blieben, der Ausgangspunkt des christlichen
Kirchenbaues geworden. In Betracht kommen als zentrales Gebiet Ostiran,
dazu nach Osten hin Turkestan, nach Westen Teile von Persien und Mesopo-
tamien, und vor allem, heute noch in der überraschendsten Fülle von Belegen des
VII. Jahrh. erhalten, das von Iran mehr als von sonst einem Lande im Gebiete
der bildenden Kunst abhängige Armenien. Ich gehe in der Betrachtung aus von
dem Prototyp eines solchen Kirchenbaues im heute russischen Armenien.

Tafel XIV zeigt den alten Typus in einem Beispiel aus Kars, der Apostelkirche.
Sie ist keiner der ältesten erhaltenen Bauten dieser Art; ich habe an anderer Stelle
einen datierten Bau aus dem VII. Jahrh. veröffentlicht." Immerhin kann man sich
an dieser vom König Abas in den Jahren 930—942 errichteten Kirche deutlich
das Quadrat mit der Kuppel darüber vergegenwärtigen. Die Ecke des kubischen
Aufbaues tritt in der Mitte deutlich hervor. Das spezifisch Armenische sind die
Konchen, die man aus der Mitte jeder Quadratseite hervortreten sieht. Sie sind
fünfseitig so ausgeführt, daß das Dach leicht schräg gegen den Tambur ansteigt,
der selbst von einem solchen pyramidalen Dach in Stein überdeckt ist. Schon
an diesem räumlich völlig isoliert dastehenden Bau läßt sich ohne weiteres fest-

- Zeitschr. f. Geschichte der Architektur a. a. O. Der Aufsatz liegt seit Juli 1915 in
der Redaktion bezw. zum Satz beim Verleger.
 
Annotationen