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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Hoff, August: Die Monumente Johan Thorn Prikkers
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0099
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88

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 7

Monumentalidee in sich. Ein-
sam trug Hans von Marees sein
großes Wollen durch diese Zeit.
Aber gegen das Ende des
vorigen Jahrhunderts kommt
ein neues Lebensgefühl herauf
und erkennt sich in der Bild-
form. Der Materialismus weicht
einem Transzendentalismus,
die Diesseitsfreude einer Jen-
seitssehnsucht, die Analyse
einer Synthese, die Formauf-
lösung einer Formverdichtung,
der Eindruck von außen einem
Ausdruck des Innern. Die
Malerei - im Augenblick die
fortgeschrittensteKunstgattung
— erfuhr den Ruf nach kom-
positioneller Bindung zuerst
und schuf in linearen und
flächigen Rythmen eine Bild-
architektur. Sie suchte nach
neuen Ausdrucksmitteln für
ihre monumentale Sehnsucht
und erweckte die alten zu
neuem Leben: Fresko, Glas
und Mosaik. Endlich gab sie
den anderen Kunstgattungen
Kräfte ab, so der Architektur:
Behrens und van de Velde.
Van deVeldes früher Weggenosse und Freund Thorn Pnkker aber blieb nach
mancherlei Versuchen bei der Malerei, blieb monumentaler Maler.

Der 1870 im Haag geborene Johan Thorn Pnkker beginnt sein Werk
im Realismus, malt starkfarbige Impressionen, die ein großes malerisches
Temperament und einen sicheren künstlerischen Instinkt verraten und von
Anfang an einen stark poetisch lyrischen Klang haben. Milletsche Motive
sucht er in Holland und Belgien. Van Goghs Anregung weist den Künstler
schon früh auf die Ausdruckskraft der Linie. Der Symbolismus, die erste
Abkehr vom naturalistisch-impressionistischen Programm, vom linearen Lyris-
mus Ostasiens befruchtet, läßt den jungen Thorn Prikker den linearen Aus-
druck bis an letzte Grenzen verfolgen. Linienträumereien, ganz ohne stoff-
lichen Anlaß, ganz „abstrakt", sind ihm letzte Möglichkeiten auf diesem
Wege gewesen. In ihnen lebt das Traumhafte, Nuancenfeine, der weiche
Hauch der symbolistischen Kunst. Es sind Linien, die aus einer Geste
herkommen, einen mimisch psychologischen Wert haben. Der Symbolismus
führt den Künstler nicht allein auf den Weg zu einer ornamental linearen
Sprache, er leitet ihn auch zu tieferen Bildinhalten, zu literarischen und

Abb. 1. Cherubinen, Zeichnung, 1892. Sammlung Kröller
0,50 X 0,73 m.
 
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