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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Hoff, August: Die Monumente Johan Thorn Prikkers
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0100

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Nr. 7

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

89

religiösen Stoffen. Im kleinen Format dieser Zeichnungen und Bilder lebt
schon die spätere „große Form"; ein Blatt wie die Cherubinen aus der
Sammlung Kröller vom Jahre 1892 ist schon in kleinem Maßstab ein
Monument.

Die symbolistische Linienkunst hatte keine großen Möglichkeiten und
führte bald zu einer Erstarrung, zur Manier. Thorn Prikker fühlte das und
wandte sich schon früh wieder unmittelbar an die Natur. Das pointillistische
Mittel benutzt er zum Ausdruck ungemein poetischer Naturstimmungen,
durch die ein weicher, wehender Hauch zieht wie durch ein Gedicht von
Verlaine. Im Strich offenbart sich das große Temperament des Malers.
Die Valeurs, die malerischen Mittel verfestigen sich wieder zu Linien, zu
malerischen Linien. In den folgenden Bildern, den Kartons und Fenstern,
weicht die frühe zeichnerisch musikalische Linie, die nicht ganz aufgegeben
wird, dieser linearen Verfestigung malerischer Werte immer mehr. Linien
aber waren stets das Hauptausdrucksmittel des Meisters; sein Ziel das Aus-
drucksornament und das Monument.

Um 1898 malt der Künstler das Fresko auf der Stiegenwand des Land-
hauses des Dr. Leuring in Wittebrug, religiöse Symbole und heilige Figuren
in ornamentaler Umrahmung. Die Eindringlichkeit des linearen Ausdrucks
wird gesteigert, indem der Künstler die Kontur in den Putz eingräbt.

Es folgen Jahre der inneren Bereicherung und der formalen Vorbereitung;
Jahre, in denen Thorn Prikker seine lineare Sprache in ornamentaler An-
wendung ausbaut; Jahre, in denen kunstgewerbliche, technische und künst-
lerische Probleme gelöst wurden. Von einer kleineren Aufgabe in Krefeld
abgesehen, bietet man ihm nur noch einmal eine Wand, 1912 in Neuß.
Im übrigen müssen Kartons seine monumentale Absicht aufnehmen. Für
dieses Ersatzmittel die außerordentlichen Möglichkeiten unmittelbaren Aus-
drucks der Frühwerke aufgeben, war ein heroischer Entschluß. Den Kartons
fehlen alle äußeren
Gegebenheiten des
Monumentes. Der
Künstler träumt sie
in Architekturen
hinein, in Architek-
turen, die noch zu
schaffen sind. Die
Farben eines Kar-
tons haben nie die
Kraft wie auf der
Wand, die Linien
nie denReichtum in
sich wie im Fresko.
All das muß man
vor Kartons beden-
ken. Es sind gro-
ße Niederschriften

_ . . Abb. 2. David und Saul, Fresko-Karton, 1911. Besitzer: Pfarrer Geller.

innerer Gesichte; 2,75 x 1,90 m.
 
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