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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Witte, Fritz: Die I. Tagung für christl. Kunst in Würzburg
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Beitz, Egid: Die christliche Kunst und die Trennung von Kirche und Staat
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0076

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Nr. 5/6 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. ^5

Am zweiten Tage fand sich eine stattliche Anzahl kunstfroher Herren zu-
sammen, um vier Referate entgegenzunehmen. Allgemein wohl bedauerte man,
daß die prinzipiellste aller Prinzipienfragen nicht zur Diskussion gestellt war:
Unsere Stellung zum Expressionismus. Fast zwangsweise kam die Frage am Abend
zum Schlüsse der Debatte zur Sprache.

Wir lassen Auszüge aus drei Referaten folgen, welche uns die betreffenden
Herren in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt haben.

Auf das Referat des P. Tewes, 0. F. M., glauben wir hier verzichten zu können.

Tewes hätte sein Referat prinzipieller anfassen dürfen, ohne sich zu verlieren
in uferlose Aufzählung von Plänen, welche der katholische Bildungsausschuß der
Stadt Essen auf sein Programm gesetzt hat. Für die Behandlung dieses enorm
wichtigen Themas hätte man einen wirklichen Fachmann heranziehen sollen.
Tewes spielt mit dem Feuer, wenn er den Teufel mit Beizebub austreiben will.
Die G. m. b. H. einer Gipsabgußwerkstatt spielt bei seinen Plänen meines Er-
achtens eine gar zu gefährliche Rolle.

Als Ort der nächsten Tagung wurden Köln und Essen vorgeschlagen, die Ab-
stimmung ergab Stimmengleichheit, der Vorsitzende machte von seinem Recht
keinen Gebrauch, seine Stimme entscheiden zu lassen. Jedenfalls darf man von
einer Fortführung solcher Tagungen reichen Segen erwarten. An dieser Stelle
sei aber vor allem dem Einberufer, Herrn Robert Witte, herzlich Dank gesagt für
seine selbstlose und darum nicht zuletzt erfolgreiche Arbeit. Witte.

DIE CHRISTLICHE KUNST

UND DIE TRENNUNG VON KIRCHE UND STAAT.

Referent: Dr. Egid Beitz, Schnütgenmuseum, Köln.

Der Staat wird von lebenden, schaffenden Menschen gebildet. Er ist darum
selber ein lebendes, schaffendes Wesen. Und dieses Staatswesen sollte
wie seine Menschen einen Kopf und ein Herz haben. In dem Kopf
sollte die kühle, klare, rechnende Vernunft herrschen und in dem Herzen sollte
die Liebe thronen, die Liebe zu allem Hohen, Schönen und Edlen. Kopf und
Herz sollten, durch eine Seele verbunden, eins sein, wie es auch im Leben des
vernünftigen Einzelmenschen der Fall ist. Im Herzen des rechten Staates wäre
dann auch Platz für die Sehnsucht nach einem höheren Wesen, nach Gott,
und eng damit verknüpft auch die Freude an dem Funken des Göttlichen
im Menschen, an der Kunst. Das, was uns mit Gott verbindet, nennen wir
Religion. Und ein Staat, der hingeht, die Religion von sich zu stoßen, der ent-
fremdet sich ein wesentlich Teil von Kunst und Kultur. Denn der Geist der Kunst
waltet nicht bloß in den weltlichen Schöpfungen, in den Staatsgebäuden, in den
Banken und Warenhäusern, auf Straßen und Plätzen, sondern —die Jahrtausende
lehren es — die Kunst ist in entscheidender Übermacht dort, wo die Türme der
Gotteshäuser zum Himmel weisen.

Das Deutsche Reich und seine Einzelstaaten stehen davor, der Kirche die
Tür zu weisen. Mächtige Parteien erstreben heute die Trennung von Kirche
und Staat. Wir fragen uns deshalb: Warum?, und Was bedeutet das für die
christliche Kunst?
 
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