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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Witte, Fritz: Die I. Tagung für christl. Kunst in Würzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0074

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Nr. 5/6 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 63

DIE I. TAGUNG FÜR CHRISTL. KUNST

IN WÜRZBURG.

(14. September 1920.)

Es war ein trefflicher Gedanke des Architekten Robert B.Witte in Dresden,
einmal den Versuch wieder zu machen, die Kräfte zu sammeln und auf
einheitliche Ziele hinzuweisen, die für die Zukunft der christlichen Kunst
als bahnbrechend und wegweisend in Betracht kommen. Witte, auch früher
bereits mit Erfolg tätig auf unserem Gebiete, hat seit Jahresfrist die Werbe-
trommel eifrig gerührt, Aufruf auf Aufruf verschickt und Ministerien und Be-
hörden zu interessieren gesucht. Der letzte Aufruf hatte hier und da insofern
einiges Bedenken wachgerufen, als er nicht eigentlich allein von solchen unter-
zeichnet war, die als Träger des Gedankens der Förderung christlicher Kunst,
gelten können, als vielmehr auch Staffagenamen aufwies. Das lag vielleicht daran,
daß der engere Bekanntenkreis des Einberufers unbeabsichtigt zu stark heran-
gezogen war. Klingende Namen tun es ja nun einmal nicht mehr; nur Steuerleute
können ins Treffen geführt werden, die etwas wollen und wissen, warum sie es
wollen. Die Würzburger Tagung hat das genügend klar gezeigt. Auch das hat
sie bewiesen, daß vielfach Inobjektivität und selbst Dilettantismus am Werke
sind, und ganz unberechtigterweise zu Gericht sitzen über Kunst, deren De-
finition sie vielleicht nicht einmal zu geben imstande sind. Leider reichte die
Zeit nicht, um die Diskussionen, die durchweg recht lebhaft waren, zu einem
erschöpfenden Resultat zu führen. Ob alle in dem rechten Geist nach Würzburg
gekommen waren? Daß zwei Meinungen zum mindesten gegeneinander stehen
würden, war selbstverständlich. Man sollte aber solche Kämpfe, die zum Besten
der gemeinsamen guten Sache dienen, stets mit rücksichtsloser Objektivität aus-
fechten. Dabei mußte man in Würzburg hören, wie man von gewisser Seite be-
reits während der Eisenbahnfahrt die Ministerhste festzulegen versucht hatte.
Die Resultate dieser „Vorbesprechung" gerieten aber im Verlauf der ersten Sitzung
etwas ms Wanken. Ob anderenfalls die Vorstandsliste nicht nur provisorisch,
sondern vielleicht auch reichlich „professorisch" ausgefallen wäre?

Von der, sagen wir „fortschrittlichen" Richtung innerhalb des Teilnehmer-
kreises wurde verschiedentlich die Absicht versöhnlicher Behandlung des Stoffes
betont, und wenngleich ab und zu die Abneigung gegen die „Modernen" mehr
oder weniger deutlich zum Ausdruck kam, andererseits die Fortschrittler
ihre Stellungnahme mit Erfolg zu verteidigen wußten, so muß man den vor-
nehmen Ton anerkennen, der während der Diskussionen gewahrt blieb. Es war
der Gegenstand, der den heiligen Ernst brachte, und dieser Ernst steigerte sich
des öfteren zur Feierlichkeit. Das war ungeheuer wohltuend.

Es ist sicher: Keiner wird ohne das Bewußtsein heimgekehrt sein, daß wohl
alle das Gute wollen, die Konservativen wie diejenigen, welche an die nahe Zu-
kunft einer neuen religiösen Kunstsprache glauben. Letztere wollen eine religiös
gerichtete Kunst so gut wie die Eklektiker, sie legen einzig mehr Nachdruck
darauf, durch Entmaterialisierung den Abstand zu konstruieren zwischen Bild-
inhalt und Beschauer, vom Naturalismus abzurücken und letzten Endes eine
 
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