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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Beitz, Egid: Eine neue Monstranz von Ernst Riegel
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Witte, Fritz: Diktatur oder legale Gewalt?
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0153

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 11/12

die nicht bloß heute, sondern auch in früheren Zeiten oft verlorenging, da
der Schaft mit seiner Aufgabe des Tragens und die Strahlensonne mit ihrer
Aufgabe des Schwebens naturgemäß gegensätzliche Motive enthalten, die
an dem Punkte, wo sie zusammenkommen, schwer zu versöhnen sind.

Die Strahlenscheibe ist von Riegel außerordentlich schön erfunden.
Sechzehn Engel umschweben, Sanctus singend, die Hostie. Die Engels-
köpfchen tragen Rosen und Perlenschnüre in den Haaren. Sie sind in zwei
Reihen angeordnet, und ihre Flügelränder bilden konzentrische Sterne. Der
ebenfalls sternförmig umrandete Kasten für die Hostie hat reichen Ame-
thystschmuck und Filigranverzierung. Nach Innen schließt er mit einem
handgefeilten Perlstab ab. Oben endigt die Monstranz in ein Kreuz mit
Amethysten auf einem Grund, der durch goldene in Filigrantechnik auf-
gesetzte Kügelchen belebt ist.

Der ganze Engelkranz ist aus einem Stück in Silber getrieben und
ausgeschnitten. Die glückliche Behandlung des immer wieder durchbroche-
nen Materials verleiht der Scheibe fast den Charakter eines zarten, gol-
denen Spitzengewebes.

Die muschelförmig getriebenen Engelsflügel lassen das Spiel des Lichts
besonders wirksam werden. Diese Wirkung wird noch dadurch erhöht, daß
die geschmiedeten und wellig gefeilten äußeren Strahlen der Monstranz
glänzend und die Engel matt vergoldet sind. Die in Filigran gebetteten
Amethyste mit ihrem stillen, violetten Schein um den Hostienbehälter herum,
und ein Rubin auf dem Fuß der Lunula vollenden den wundersamen
Zauber, der von dem Gerät ausstrahlt. Ein Werk von solch hoher künst-
lerischer Qualität gelingt nur selten einmal. Müßig wäre es, dazu noch viel
zu sagen. Wer die hohe Qualität der Monstranz ermessen will, braucht
sie nur in Gedanken einmal unter das Kirchengerät zu versetzen, das die
meisten Goldschmiede heute noch als Goldschmiede kunst in ihre Schau-
fenster stellen. Ich glaube, es wird ihm bei einem Vergleich mit Riegels
neuer Schöpfung das Wort einfallen: Kunst kommt immer noch von Können!
Bensberg. Egid Beitz.

DIKTATUR ODER LEGALE GEWALT?

Ein Wort in eigner Sache.

Es ist stets mißlich, in eigenen Angelegenheiten an die Öffentlichkeit
treten zu müssen. Solange persönliche Interessen dazu den Anstoß
geben, halte ich es für unerlaubt; nicht aber, wenn die Sache auf dem
Spiele steht, vor allem, wenn rückhaltlose Offenheit die Aussicht auf Verständigung
erschließt. Das Urteil darüber, ob in diesen Blättern Personenkult getrieben,
darf ich ruhig meinen Lesern überlassen; hinter allen Sätzen, die hier zu
ihnen sprachen, stand eine ehrliche Liebe zur heiligen christlichen Kunst. Will
ein vernünftiger Mensch es wehren, wenn die Advokatur unserer Kunst tempera-
mentvoll ihre Sache vertritt? Wenn Vorwärtsdrängen an die Stelle des Stag-
nieren und selbstgefälligen Ruhens tritt? In diesen Blättern bewegen wir uns
innerhalb fest fundierter Mauern einer gesunden, auf einem tiefen Verständnis
 
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