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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0083
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Antike Bauten für Musik.

(',9

Gestalt flacher Kegel hatten, wie die japanischen und chinesischen, so wird das Dach von
außen wie ein flacher Kegel ausgesehen haben.

Näher zum Vergleich als die Hütten jener afrikanischen Wilden liegt eine Bauform,
die in einer mehr nördlichen,
ebenfalls fest- und sangesfreu-
digen und kunstbegabten Ge-
gend, in unserm eigenen Hei-
matland, heute noch auf dem
Lande anzutreffen ist. Ich meine
die kreisrunden, ganz aus Holz
aufgeführten alten Tanzböden
der Biedermaierzeit in Ober-
bayern, auf welche neuerdings
Franz Zell, Volkstümliche Bau-
weise in der Au (1908), S. 64 ff.

wieder aufmerksam gemacht ' . . . . _

v , -nr , „„ , , Abbildung 16. lanzboden aus der Biedermaierzeit in Großü esselohe

hat: Kegeldach auf Säulenkranz, bei München-

Musikpodium und Tanzplatz

darunter. Vergl. seine Beispiele (Abb. 16 und 17) aus Großhesselohe (p. 71 — 79), Ober-
föhring (p. 67) und Bogenhausen (p. 69). Weiter ab von München kenne ich nur ver-
einzelte Beispiele aus Frankenberg' bei Rothenburg o. T. in Franken und bei Lofer in
Tirol. Am deutlichsten wird eine solche oberbayerische Skias oder Alt-Münchener Thymele

manchem von uns in Erinnerung sein
durch die Nachbildung eines solch male-
rischen Tanzbodens auf der Münchener
Ausstellung von 1908 (ausgeführt eben-
falls durch Franz Zell).1 Eine ähnliche
Veranstaltung gibt es auch in Nor-
wegen ; nur fehlen da völlig Dach und
Säulenkranz: man musiziert und tanzt
in Reigen auf einer großen kreisrunden
Holzfläche, deren Bretter auf einem ca,
60 cm hohen Gerüst, absichtlich der

Resonanz wegen, die in den nordischen

Abbildung 17. Tanzboden der Biedermaierzeit in Bogen- n>- • r> n • r, t 1.1 ti-

lanzen eine Rolle spielt, hohl auiliegen,
hausen bei München. . .

Beispiele datür im 1* reiiichtmuseum zu

Christiania (Abb. 17a) und von da nach Schweden übertragen im «Skansen» bei Stockholm.2

Neben der Skias stand in Sparta der Tempel des Apollo, vor ihr lag der Festplatz.

Hier haben wir also den ganz sicheren Fall, daß die Musik, die zu Ehren des Gottes aufgeboten

wurde, nicht in dessen Tempel, noch an seinem Altare davor, sondern abseits und

getrennt davon in einem besonderen Bau, und in zwar einem Rundbau, vorgetragen

1 Abgebildet in der Zeitschrift «Dekorative Kunst» 1908, 478. — 2 Wie die skandinavischen Fachgenossen
versichern, ist der große Holzteller freilich eine ganz moderne Einrichtung. Die alten landesüblichen Rund-
tänze fanden alle auf ebenem Boden statt ohne jede besondere Vorrichtung darauf, genau wie im ältesten
Griechenland. Die hessischen Bauern belegen den Boden ihrer kreisrunden Tanzplätze dagegen mit Brettern.

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