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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0082

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der dorischen Staaten ist dann Delphi der erste Ort, auf den die musikalischen Errungen-
schaften übertragen werden, schon hoch im 6. Jahrhundert. Der dritte wichtigste Platz
für die griechische Musikgeschichte ist Athen, welches aber relativ spät, erst seit
Pisistratus, die führende Polle hierin zu übernehmen beginnt und in perikle'ischer Zeit
dann auch in diesem Zweige der Kunst das Höchste leistet. In Anbetracht dessen, daß
es nicht viele Feste und nicht viele Städte gab, in denen musische Agone gefeiert
wurden (vergl. Reisch bei Pauly-Wissowa I, 854 ff.), und angesichts der Rolle, welche
jene drei Hauptorte Sparta, Delphi und Athen für die griechische Musikentwicklung
spielen, kann es unmöglich ein Zufall sein, daß gerade diese drei Orte teils laut
literarischer Überlieferung, teils laut erhaltenen Resten besondere Gebäude für musika-
lische Aufführungen besaßen, welche — Rundbauten vorstellen. Ich meine die Skias
in Sparta, die Tholos in Delphi und das Odeion, oder besser die Odeien in Athen.

Von der Skias in Sparta wissen wir: sie war ein Rundbau (olxog axpö-fYüXoc),
hatte ein Dach in Gestalt eines Sonnenschirmes (einer oxstd?), war erbaut von Theo-
doras von Samos und diente den musikalischen Festaufführungen, den Agonen beim
Karneenfest, später erst auch behördlichen Beratungen (vergl. Curtius, Peloponnes II,
238). Der Bau fällt also erst in die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts. Die musika-
lischen Aufführungen in Sparta sind aber viel älter. Wahrscheinlich hat der monumentale
Steinbau des Theodoras einen älteren Vorläufer in einfacherem, leichterem Material gehabt.
Darauf führt die Überlieferung (Etym. Magn., p. 717), welche ihn wegen der Form seines
Daches in Zusammenhang bringt mit den Hütten, den oxetdtSss («Parasoles»), welche
am Karneenfest für die Festteilnehmer auf dem Festplatz errichtet wurden (vergl. Rhein.
Mus. 1848 [VI], S. 217). Es scheint, als hätten diese Hütten sich an die Rundform
älterer Wohnbauten angelehnt, waren aber gewiß luftig, zum größten Teil nach den
Seiten hin offen, da das Fest im Hochsommer vor sich ging. Sie mögen nicht viel
anders ausgesehen haben als die afrikanischen Rundhütten, deren eine Bulle, Orcho-
menos I, S. 46 abbildet als Parallele zu den ältesten griechischen Wohnhütten,
deren Reste er in Böotien fand. Ein solcher «Parasol», der zehnte zu den neunen,
mag auch in den ersten Jahrzehnten die Musikhalle in Sparta gewesen sein.
Es war ein genialer Griff des samischen Architekten, die Vorteile eines solchen Rund-
baues für die Akustik erkannt und zu einem von nun an nicht mehr wie eine leichte
Festbude abbrechbaren, sondern in Stein gefestigten Monumentalbau verwertet zu haben.

Welch ästhetisch hervorragendes Element schon bei einem solchen primitiven
Urbau in der äußeren Stützenreihe, dem Prototyp der Peristase, gegeben war, hat Bulle
a. a. 0. mit Recht hervorgehoben. Ganz dasselbe gilt natürlich auch vom inneren
Säulenkranz.

Wie groß die Skias in Sparta war, können wir nur ungefähr erraten. Die Dimensionen
können nur mäßige gewesen sein, denn auch die Beratungen der Ekklesia, von denen
Pausanias im Inneren berichtet, hatten kein großes Kollegium. Das Dach war offenbar aus
Holz mit innen sichtbarer Konstruktion des Sparren Werkes und seiner Verstrebungen. Dar-
auf scheint der Vergleich mit einem Sonnenschirm hinzuweisen. Da ferner die antiken
Schirme der Form nach nicht, wie unsere heutigen, Kugelkalotten waren, sondern die

S. 10 ff.: Apollon Amyklaios auch auf Kreta nachweisbar. Über die Beziehungen Delphis zu Kreta, S. 35 ff.,
43 ff. und besonders 50: Kreta auch das Heimatland der Zaubereien und Mysterien (Epimenides). Auch
der bekannte Linos stammte aus Kreta.
 
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