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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0216

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-02 Literatur.

Die Renaissance- und Barockvilla in
Italien. Bd. III. Die Villa Imperiale in Pesaro.
Studien zur Kunstgeschichte der italienischen
Renaissancevilla und ihrer Innendekoration. Leip-
zig, Klinkhardt & Biermann, 1908. 435 und 57 S.
mit 278 Abb., geh. 32 Mk., geb. 35 Mk.

Die vielbesungene Villa Imperiale ist als dritter
Teil einer größeren Studienreihe, deren beide
ersten die toskanische und römische Renaissance-
und Barockvilla behandeln werden, zum Gegen-
stand erschöpfender und streng methodischer
Behandlung gemacht worden. Im ersten Kapitel
«Lage und Geschichte der Villa» wird unter aus-
giebiger Verwertung der reichen Lokalliteratur
besonders auch durch Exzerpte aus den Memoiren
Lodovico Agostinis, der mit seinen akademischen
Freunden auf dem Monte San Bartolo glückliche
Tage verlebte, die Villa, wie sie in ihrer Glanz-
zeit ihre Besucher entzückte, plastisch greifbar
vor Augen geführt. Das Gründungsdatum des
vorderen, von einem schlichten Wartturm über-
ragten, kastellartigen Gebäudes der Sforza, das
den Typus der toskanischen Frührenaissancevilla
vertritt, wird gegenüber den bisherigen Bearbeitern
von 1469 auf 1452 zurückversetzt. Den Archi-
tekten der Sforzavilla festzustellen, ist trotz ein-
gehendster Archivforschung auch hier nicht
gelungen. Das Baumotiv des zentralen Arkaden-
hofes, das in Italien zuerst bei den Kastellbauten
Toskanas auftritt, legt die Annahme nahe, daß
ein Toskaner der ausführende Architekt war.
Eine eingehende Würdigung erfährt der Künstler
der Rovere-Villa, der Urbinate Girolamo Genga.
Das zweite Kapitel zergliedert «die bauliche An-
lage». Bei der fast trocken zu nennenden Detail-
forschung der Stilanalyse, die an die Methode
der Pflanzenbestimmung nach Griffel- und Staub-
fäden gemahnt, erfreut die Methodik, trotzdem
die gewonnenen Resultate nicht so gewichtig
sind, wie man sie dieser Schaffensart, die sich
mit Nachdruck in Gegensatz zu einer nach ver-
altetem System mit fruchtlosen Abstraktionen
arbeitenden Ästhetik setzt, gern wünschen möchte.

Im dritten Kapitel «Der Kunstkreis der beiden
Villenbautypen» werden zwei Grundtypen der
toskanischen Frührenaissancevilla unterschieden,
nämlich die casa colonica, die Nutzvilla oder
Vigna, die sich an den Urtypus des toskanischen
Stadtpalastes anlehnt (Turm mit angeschobenem
Seitentrakt), und der weitaus vorherrschende ältere
Typus des vom Kastellbau beeinflußten zentralen
Hofhauses. Die mit der Sforzavilla in Vergleich
gerückte Villa Rucellai in Quaracchi zeigt eine in
die Augen springende Verwandtschaft der beiden
Bauten. Für den Gengabau, für den der Nach-
weis eines früheren, typisch genau entsprechen-
den Bauwerkes nicht zu erbringen ist, be-
schränkt sich der Verfasser unter Betonung der
künstlerischen Selbständigkeit Gengas auf die
Beobachtung leiser Anklänge an berühmte
Villenbauten, ohne entscheiden zu wollen, ob
Reminiszenzen vom Architekten bewußt oder
unbewußt erstrebt wurden, denn «das Reich
künstlerischer Zeugung und Verarbeitung frucht-
barer Anregungen wird für die Forschung ein
mit sieben Siegeln verschlossenes Buch sein und
bleiben». Das den größten Raum einnehmende
und wohl auch wertvollste vierte Kapitel «Innen-
dekoration der Sforzavilla», in dem sich der
Verfasser mit Thode auseinandersetzt, wird in
seinen beiden Hauptteilen, die sich mit den
Imperialefresken und ihren Meistern befassen,
da es unser Arbeitsgebiet überschreitet, über-
gangen. Der dritte Teil dieses Kapitels beschert
uns eine auf 35 Seiten zusammengedrängte, in
der bisherigen Literatur kaum gestreifte Darstellung
des illusionistischen Dekorationsproblemes, von
der antiken Malerei ausgehend, über die Pfad-
weiser Mantegna und Melozzo hinaus bis zu den
kühnen Übertreibungen eines Giulio Romano
und Tiepolo. Der für später in einer «Geschichte
der Innendekoration» in Aussicht gestellten ein-
gehenden Darstellung dieses Themas darf mit
Spannung entgegengesehen werden.

Die weit gesteckten Grenzen in der Behandlung
des Stoffes —ich verweise auf den 5 Seiten umfassen-
den, bis auf die hellenistische Baukunst des Orients
zurückgreifenden Exkurs über das sogenannte Pal-
ladio-Motiv — trüben zuweilen die Klarheit des
Hauptthemas, und doch möchte man gerade diese
aussichtsreichen Anregungen nicht missen. //.
 
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