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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Stierling, H.: Eine phallische Darstellung am Südwestportal der Lorenzkirche in Nürnberg
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Phleps, Hermann: Die hölzernen Wehrgänge an den sächsischen Kirchenkastellen in Siebenbürgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0182

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168 Dr. Ing. H. Phleps-Danzig.

Meisters? Ich lege der Entscheidung keine hohe Bedeutung bei, vor allem bleibt der
in den Schutzheiligen ausgesprochene Sinn des Ganzen in jedem Falle unangetastet.
Betonen aber will ich, daß nach Ausweis unserer volkskundlichen Literatur1, die vom
älteren Glauben ausgeht, Schwalbe, Fledermaus, Eichkätzchen, Affe und öfter auch der
Frosch Glück und Segen bringende, Krankheit heilende Tiere sind. Das gibt zu denken
und wir werden es kaum für einen Zufall erklären dürfen, daß die tierischen Gestalten
denselben Sinn wie die menschlichen aussprechen.

Ich habe Bock und Eidechse eben übergangen. Der Bock erscheint als Begleiter
des phallischen Männleins und damit ist seine ohnehin bekannte Bedeutung eines
Kommentars überhoben. Wie es um die Eidechse (?) steht, vermag ich nicht zu ent-
scheiden. An unserm Portal geht sie feindlich auf die beiden Frösche los. Etwas Feind-
liches wird der mittelalterliehe Steinmetz also wohl mit ihr zum Ausdruck haben bringen
wollen. Höfler sagt S. 141: «Bei den Deutschen ist sie eine Teufelsgeburt»; ob sie
demnach mit dem kleinen Teufel, der sich unter demselben Gesims befindet, in näheren
Zusammenhang zu bringen ist, etwa so, daß sie beide eine schädliche Macht andeuten
sollen, bleibe ruhig dahingestellt. Die übrigen Belege, die sich klar und zwanglos
ergaben, werden genügend die Geistesrichtung und die Absicht unseres Steinmetzen
gezeigt haben. Es ist ein Stück Kulturgeschichte und mittelalterlichen Volksglaubens,
das hier in der Plastik seinen Niederschlag gefunden hat.

Die hölzernen Wehrgänge an den sächsischen
Kirchenkastellen in Siebenbürgen.

Von Dr. Ing. H. Phleps-Danzig.

Die Verteidigungs-
kirchen der Siebenbürger
Sachsen haben ihre alten
Befestigungen noch gut
bewahrt. Ein besonderes
Interesse beanspruchen
vor allem dieÜberresteder
hölzernen Wehranlagen,
denn bei den deutschen
und österreichischen Bur-
gen ist man gerade über
diesen Teil des Burgbaues
meist nur auf primitive
Abbildungen angewiesen.

An allen Türmen und
oft auch am Schiff und

1 Siehe z. B. J. Höfler, Die volksmedizinische Organotherapie und ihr Verhältnis zum Kultopfer, Stutt-
gart—Berlin—Leipzig, Union Deutsche Verlagsgesellschaft, o. J., im Sachregister.
 
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