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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Hirsch, Fritz: Eine Treppenstudie
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Stierling, H.: Eine phallische Darstellung am Südwestportal der Lorenzkirche in Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0177

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ausführung obgelegen, während Dill nicht nur der ausführende Steinmetzmeister, son-
dern der geistige Urheber der bewunderten Konstruktion gewesen sein dürfte. Nur
dann erscheint das ihm gespendete Lob in vollem Umfang berechtigt.

Am 26. Mai 1783 bittet der sich zu Malsch aufhaltende Steinhauer Mathes Keller,
«ihm den Aufenthalt allda ferner mildest zu gestatten, angesehen er schon mehrere
Jahre hindurch in herrschaftlicher Arbeit gestanden und zwar anfänglich beym Dom-
bau zu Speyer, nachher aber bey Hof an der Französischen freytragenden Stiege und
endlich im herrschaftlichen Steinbruch zu Malsch.»1 Das rötliche Sandsteinmaterial
von Malsch (am Lutzenberg, nördlich von Bruchsal) hat sich als Treppenmaterial wohl
bewährt.

Daß sämtliche Treppen des Corps de Logis von unten bis oben in Stein ausge-
führt sind, entspricht durchaus dem Brauche der Zeit, da hölzerne Treppen «wegen des
Getrappes überlästig werden, wenn man sie nicht vielleicht nach Davilers Rathe mit
steinernen Platten überziehen wollte».2 Durch das hier erwähnte «getrappe wird man
unwillkürlich an die Etymologie des Wortes Treppe gemahnt: Treppe zum Verbum
trappen gehörig, mhd. trappe; trappen = mit derbem Auftritt schreiten.3 Da das Wort
treppe auch den Namen einer Schneckenart (buccinum spiratum)3 bedeutet und da auch
das oben erwähnte Wort mönch neben seiner Bedeutung als Bestandteil einer "Wendel-
treppe zugleich den Namen von verschiedenen Schneckenarten (conus monachus, conus
minimus, voluta pertusa4 darstellt, möchte man fast glauben, daß der Begriff Treppe
mit der schneckenförmigen Gestalt der Wendeltreppe verbunden in bewußtem Gegen-
satz zu dem Wort Stiege (ahd. stiega, mhd. stiege, stieg; zum Verbum steigen gehörig,
niederd. auch = Leiter3) als einer geradlaufenden Treppe gebraucht wurde.

Die ausschlaggebende Veranlassung zu steinernen Treppen gab natürlich das Stre-
ben nach Feuersicherheit. So schreibt z. B. die Bauordnung der Residenzstadt Dresden
vom Jahre 1827 5 im § 34 vor: «Alle Treppen sind steinern bis unter das Dach
zu führen, hölzerne Treppen mithin nur im Dachraume selbst, oder wo sie nur als
Nebentreppen anzusehen, und steinerne Haupt-Treppen bereits vorhanden sind, erlaubt».

Die Geschichte der Treppe ist noch nicht geschrieben. Die vorliegende Studie
möchte zu weiteren vorbereitenden Spezialarbeiten die Anregung geben.

Eine phallische Darstellung am Südwestportal
der Lorenzkirche in Nürnberg.

Von Dr. H. Stierling.

In dem soeben erschienenen ersten Beihefte zur Anthropophyteia «Die Zeugung
in Glauben, Sitten und Bräuchen der Völker von Jakob Anton Dulaure; verdeutscht
und ergänzt von Friedrich S. Kraus und Karl Reiskel, Leipzig 1909» ist zweimal aus-

1 General-Landesarchiv Karlsruhe, Protokollsammlung.

2 Des P. Johann Baptist Izzo aus der Gesellschaft Jesu Anfangsgründe der bürgerlichen Baukunst.
Wien 1773. — 3 Moriz Heyne: Deutsches Wörterbuch. — 4 Grimm a. a. 0.

5 Gedruckt in der Königl. Hofbuchdruckerei von G. G. Meinhold & Söhne.

Zeitschrift für Geschichte der Architektur. II. 21
 
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