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führlich die Rede von phallischen Darstellungen an Kirchen. Da das Werk nicht im
Buchhandel erscheint, die vorgetragenen Ausführungen aber grundlegend für das Folgende
sind, sollen die beiden Stellen hier in extenso wiederholt werden. S. 96:
«Der Brauch, den Phallus an den öffentlichen Gebäuden außen anzubringen,
um sie vor Behexungen zu schützen, ist durch mehrere noch bestehende Denk-
mäler festgestellt. Man sah sie auch an den öffentlichen Gebäuden in Amiens.
Das Merkwürdigste daran ist, daß die Christen, die von alten abergläubischen
Vorstellungen beeinflußt waren, sogar an ihren Kirchen phallische Darstellungen
anbrachten. Ein seinerzeit Frankreich bereisender Künstler, der sich mit dem
Abzeichnen christlicher Denkmäler besonders beschäftigte, brachte mehrere solche
Beispiele von dem Vorhandensein dieses Brauches nach Hause mit. (Anmerkung
der Herausgeber: Die Zeichnungen dieses Künstlers, die für die Akademie der
Wissenschaften bestimmt waren, sind nach Dulaures Angaben auf unbekannte
Weise in die Hände eines Privatmannes gelangt, der sie der Allgemeinheit vor-
enthält. Dulaure nennt den Namen des Künstlers nicht.)» Sonnerat sagt in
seiner Reise in Indien und in China vom Lingam [männliches Glied], «daß man
sein Bild auf dem Portale der alten französischen Kirchen, auf dem Portale der
Kathedrale zu Toulouse und einiger Kirchen zu Bordeaux sieht. (Anmerkung
der Herausgeber: Sonnerat, Voyage aux Indes et h la Chine. Paris 1806. I, 311.)»
Das zweite Citat stammt aus der von den deutschen Herausgebern anhangsweise
mitgeteilten Ergänzung, die ein Ungenannter (man vermutet den Historiker und Philo-
sophen Jules Michelet) dem Werke von Richard Payne Knight, das den gleichen Gegen-
stand behandelt, gelegentlich seiner Neuauflage 1865 zuteil werden ließ. S. 209:
«Der von den Römern herrührende Brauch, den Phallus an den Mauern
der Gebäude anzubringen, bestand auch noch im Mittelalter, und die ganz be-
sonders unter den Schutz dieses Symbols gestellten Gebäude waren die Kirchen,
wo man ihn gern gegen Zaubereien aller Art aus Angst vor ihnen zuließ. Der
Phallus bewahrte vor bösem Blick nicht nur den Ort, wo er angebracht war,
und die, die ihn aufsuchten, sondern auch die, die einen vertrauensvollen Blick
auf ihn richteten. Diese Phalli brachte man gewöhnlich oberhalb der Portale an,
wie den an der Kathedrale zu Toulouse und an mehreren Kirchen zu Bordeaux und
Südfrankreichs. Aber während der Revolutionszeit zerstörte sie der unwissende
Pöbel, der darin ein Zeichen der sittenlosen Entartung der Geistlichkeit erblickte . . .
Eigentümlich ist es, daß es in Irland die weiblichen Organe sind, die an den
Kirchen die Rolle des Schutzgeistes übernehmen.
Die etwas unbeholfene Sorgfalt, mit der diese Gebilde gearbeitet sind,
beweist, welch große Bedeutung man ihnen beimaß. Sie stellen die Frau dar,
wie sie sich in ganz unzweideutiger Weise zeigt, und sie sind in den Schlußstein
des Bogens oberhalb des Kircheneingangs eingemeißelt, wo sie sich allen Blicken
darbieten ...»
Dulaure hat in seiner Abhandlung öfter auf entsprechende deutsche Bräuche ver-
wiesen und mehr noch die deutschen Herausgeber, die vieles nachtrugen; es ist ihnen
aber nicht gelungen, derartige phallische Gestalten auch an unsern Kirchen nachzuweisen.
Und doch ist ihr Vorhandensein von vornherein zu erwarten, denn die Vorstellung, daß
führlich die Rede von phallischen Darstellungen an Kirchen. Da das Werk nicht im
Buchhandel erscheint, die vorgetragenen Ausführungen aber grundlegend für das Folgende
sind, sollen die beiden Stellen hier in extenso wiederholt werden. S. 96:
«Der Brauch, den Phallus an den öffentlichen Gebäuden außen anzubringen,
um sie vor Behexungen zu schützen, ist durch mehrere noch bestehende Denk-
mäler festgestellt. Man sah sie auch an den öffentlichen Gebäuden in Amiens.
Das Merkwürdigste daran ist, daß die Christen, die von alten abergläubischen
Vorstellungen beeinflußt waren, sogar an ihren Kirchen phallische Darstellungen
anbrachten. Ein seinerzeit Frankreich bereisender Künstler, der sich mit dem
Abzeichnen christlicher Denkmäler besonders beschäftigte, brachte mehrere solche
Beispiele von dem Vorhandensein dieses Brauches nach Hause mit. (Anmerkung
der Herausgeber: Die Zeichnungen dieses Künstlers, die für die Akademie der
Wissenschaften bestimmt waren, sind nach Dulaures Angaben auf unbekannte
Weise in die Hände eines Privatmannes gelangt, der sie der Allgemeinheit vor-
enthält. Dulaure nennt den Namen des Künstlers nicht.)» Sonnerat sagt in
seiner Reise in Indien und in China vom Lingam [männliches Glied], «daß man
sein Bild auf dem Portale der alten französischen Kirchen, auf dem Portale der
Kathedrale zu Toulouse und einiger Kirchen zu Bordeaux sieht. (Anmerkung
der Herausgeber: Sonnerat, Voyage aux Indes et h la Chine. Paris 1806. I, 311.)»
Das zweite Citat stammt aus der von den deutschen Herausgebern anhangsweise
mitgeteilten Ergänzung, die ein Ungenannter (man vermutet den Historiker und Philo-
sophen Jules Michelet) dem Werke von Richard Payne Knight, das den gleichen Gegen-
stand behandelt, gelegentlich seiner Neuauflage 1865 zuteil werden ließ. S. 209:
«Der von den Römern herrührende Brauch, den Phallus an den Mauern
der Gebäude anzubringen, bestand auch noch im Mittelalter, und die ganz be-
sonders unter den Schutz dieses Symbols gestellten Gebäude waren die Kirchen,
wo man ihn gern gegen Zaubereien aller Art aus Angst vor ihnen zuließ. Der
Phallus bewahrte vor bösem Blick nicht nur den Ort, wo er angebracht war,
und die, die ihn aufsuchten, sondern auch die, die einen vertrauensvollen Blick
auf ihn richteten. Diese Phalli brachte man gewöhnlich oberhalb der Portale an,
wie den an der Kathedrale zu Toulouse und an mehreren Kirchen zu Bordeaux und
Südfrankreichs. Aber während der Revolutionszeit zerstörte sie der unwissende
Pöbel, der darin ein Zeichen der sittenlosen Entartung der Geistlichkeit erblickte . . .
Eigentümlich ist es, daß es in Irland die weiblichen Organe sind, die an den
Kirchen die Rolle des Schutzgeistes übernehmen.
Die etwas unbeholfene Sorgfalt, mit der diese Gebilde gearbeitet sind,
beweist, welch große Bedeutung man ihnen beimaß. Sie stellen die Frau dar,
wie sie sich in ganz unzweideutiger Weise zeigt, und sie sind in den Schlußstein
des Bogens oberhalb des Kircheneingangs eingemeißelt, wo sie sich allen Blicken
darbieten ...»
Dulaure hat in seiner Abhandlung öfter auf entsprechende deutsche Bräuche ver-
wiesen und mehr noch die deutschen Herausgeber, die vieles nachtrugen; es ist ihnen
aber nicht gelungen, derartige phallische Gestalten auch an unsern Kirchen nachzuweisen.
Und doch ist ihr Vorhandensein von vornherein zu erwarten, denn die Vorstellung, daß